2011 mit Sam, 2016 mit Takonou und heute mit FischerChipmunk! Zum dritten Male hat Michael Jung, der beste Buschereiter der Welt, den Vier-Sterne-Event in der Soers gewonnen. Chapeau! „Mein Pferd war heute im Gelände etwas übermotiviert. Nach einer längeren Pause ging er hier in Aachen eine starke Dressur, ein fehlerloses Springen und heute nur wenig über der Richtzeit.“ Für ihn, so betont Michael Jung, trage „Aachen durchaus den Charakter eines Championats“. Kurz darauf wurde das Resultat korrigiert: Jung bekam 15 Strafpunkte, weil er eine Begrenzungsfahne umgeritten hatte.    

„Ich habe mich ganz bewusst dazu entschieden, im Team meinen Iren Kilcandra Ocean Power zu reiten. Er sollte hier weitere Erfahrung sammeln. Früh auf dem Kurs hat er leider ein Eisen verloren – das hat ihn verunsichert. So kam auch ein Vorbeiläufer am Wasser zustande. Aber danach war er wieder voll konzentriert. Ich bin dennoch sehr zufrieden. Sein 25. Platz geht für mich in Ordnung.“ Nach seinem Ritt musste Jung einige Minuten warten – an einem der schmalen Bürstensprünge hatte er eine Begrenzungsfahne mitgenommen.

Die erste Überprüfung durch die Jury ergab, dass das Pferd klar über dem Hindernis gesprungen war. Jung wurde offiziell zum Sieger erklärt. Wenig später machte die Jury einen Rückzieher – eine seltene Entscheidung. Michael Jung habe das fragliche Hindernis nicht einwandfrei überwunden. Vater Joachim Jung sagte mir: „Es ist ein Streitfall. Das Pferd ist ein wenig zu früh los, hat die Fahne umgerissen. Michael ist der Überzeugung, dass er den Sprung korrekt überwunden hat. Auf Drängen von Reitern hat sich die Jury ein zweites Mal mit der Sache beschäftigt und danach anders entschieden. Wir haben dagegen keinen Protest eingelegt.“

Sandra Auffarth und ihr Viamant du Matz steigerten sich, rückten am Ende Rang mit 29,5 Punkten auf Platz eins vor. Der erfahrene Andrew Hoy, Dritter in Tokio, und sein Olympiapferd Vassily du Lassos belegten mit 30,5 Punkten den zweiten Rang. Der Brite Tom McEwen, Silbergewinner in Tokio, kam mit Toledo und 32,8 Punken auf Platz drei. In der Teamwertung siegten die favorisierten Briten klar mit 109,30 Punkten, dahinter die Deutschen mit 138,2 Punkten und den Franzosen mit 147,9 Punkten.

Schwerer als gedacht erwies sich der von Rüdiger Schwarz gestaltete Kurs durch die Soers über knapp 4000 Meter mit 25 Hindernissen. Von den 42 Pferden erreichten nur 29 das Ziel. Ein schwerer Sturz eliminierte die amtierende Weltmeisterin Rosalind Canter aus England auf Allstar. Auch Anna Siemer und ihr Avalon mussten unterwegs passen. Erfreulich hingegen der fünfte Platz von Sophie Leube auf Jador Moi mit 33,9 Punkten. Michael Jung und Chipmunk fielen auf Platz acht zurück (38,4). Julia Krajweski und ihre Mandy kamen mit 38,6 Punkten und Platz neun ins Ziel. Sie sind noch im Aufbau begriffen.

Ingrid Klimke, die sich gerade für den heutigen Samstag sehr viel vorgenommen hatte, muss sich kritisch fragen lassen, ob sie klug beraten war, in der Soers auf zwei Hochzeiten reiten zu wollen. Morgens im Grand Prix Spezial liefs mit ihrem Hengst Faustus nicht optimal: ein Angaloppieren aus dem Trab sowie ein Ausfall im Galopp – am Ende nur 72,383 Punkte. Das war zu wenig. Im Gelände mit Siena just do it musste sie binnen weniger Sekunden gleich zwei Vorbeiläufer hinnehmen, hatte am Ende mehr als 90 Strafpunkte gesammelt. Kein guter Tag!

Unter der alten Weisheit: Weniger ist mehr, sollte sich Ingrid Klimke überlegen, ob es nicht klüger wäre nach den Erfahrungen von heute in der Soers sich auf eine WM-Disziplin zu konzentrieren. Ich meine, ihre Siena ist noch nicht so weit, um bei einer WM bestehen zu können. Ihren Franziskus hat sie auf dem Viereck deutlich unter Wert präsentiert. Das ist schade – lässt sich bis Herning aber noch verbessern.

Bundestrainer Peter Thomsen ist freilich nicht zu beneiden. Er und sein Ausschuss müssen kritisch in sich gehen, um ein gutes Team für die WM zu finden. Zunächst wird es eine Longlist geben, dann noch einen Pflichtstart in Haras du Pin. Erst dann wird das Team bestimmt. Soviel ist seit heute sicher: Michael Jung fährt als Favorit nach Pratoni, Sandra Auffarth hat sich stark verbessert. Die beiden scheinen mir gesetzt. Danach wird’s allerdings sehr schwierig.

Ach übrigens, apropos Hochzeit. Am Dienstag heiraten Michael Jung und seine Faye kirchlich. Laut Standesamt sind sie bereits ein Ehepaar. Topreiter, das wissen wir ja, können nicht am Wochenende vor den Traualtar treten, weil da immer Turnier ist.