Den Preis der Nationen beim CHIO in Aachen gibt es seit 1929. Und gestern Abend hat eine deutsche Equipe den 29. Sieg eingefahren. Dabei herrschte über der berühmten Soers mal wieder das typische Aachen-Wetter: Regen, Regen, Regen! Das hielt die 40 000 Zuschauer aber nicht davon ab, ins Stadion zu kommen. Ausverkauftes Haus. Otto Becker, der Bundestrainer, lobte am Ende sein Quartett mit drei Debütanten: „Dieses Team hat es verdient, heute hier anzutreten!“

Die Faustregel für den Erfolg im Nationenpreis ist ganz einfach: Nullrunden! So viele wie nur möglich! Janne Friederike Meyer-Zimmermann und ihr Messi lieferten zwei, Andre Thieme mit Chakaria und Christian Kukuk mit Mumbai jeweils einen. Jana Wargers und ihr Holsteiner Hengst Lambridge – übrigens gezüchtet von Ralf Pawlowski in Heidenheim auf der Ostalb – debütierte mit nur einem Zeitfehler. Als man am Ende gemeinsam vor den Fernsehkameras des WDR stand, war tatsächlich so etwas zu spüren wie ein neuer Teamspirit.

Und es vermittelte sich die Faszination des Sports: Ein Sieg im Preis der Nationen in der Soers ist wirklich etwas Besonderes: Man siegt vor den eigenen Fans, man schreibt Geschichte, der eigene Name steht von nun an auf der großen Tafel am Richterhaus und in den Annalen. Doch dann kommen sofort die aktuellen Fragen, auf die es am Abend und auch heute früh (noch) keine Antwort gab: Ist das nun bereits die Equipe für die WM in Herning? Was sagen denn die Herren Ahlmann und Deusser dazu? Oder auch Marcus Ehning?

Einen tollen Job hat an diesem total verregneten Abend Frank Rothenberger gemacht, der zum 23. Male in Aachen die Parcours entwirft. So etwas nennt man Kontinuität auf höchstem Niveau. Den äußeren Umständen angepasst, baute Rothenberger vernünftiger Weise nicht den schwersten Kurs aller Aachener Nationenpreise. Alles war gut zu reiten, der Boden machte keine Probleme, kein Pferd rutschte, alles blieb heil. Das ist das Wichtigste.

Das Fazit der reinen Fakten: Deutschland siegt mit 5 Punkten und kassiert dafür 250 000 Euro. Zweiter Platz für die Belgier mit acht Punkten und schnellster Zeit: 200 000 Euro. Die Briten mit ihrer Legende John Whitaker auf drei mit ebenfalls acht Punkten: 150 000 Euro. Die Eidgenossen auf vier mit 18 Punkten: 100 000 Euro. Und die Franzosen auf fünf mit 24 Punkten. 80 000 Euro. Zum ersten Male in seiner Geschichte war der Aachener Nationenpreis mit einer Million Euro dotiert. Seit den fünfziger Jahren ist Mercedes-Benz der Sponsor. Auch das ist Kontinuität.

Aachens scheidender Turnierchef Frank  Kemperman sagt: „Wir haben Verträge mit dem Konzern. Ich rechne nicht damit, dass sich daran etwas ändert.“ Der Ausstieg des Autokonzerns beim German Masters in der Schleyerhalle hat viele Turnierveranstalter alarmiert, die auf Gelder aus dem Hause Mercedes gehofft hatten. An konkrete Informationen zu kommen, ist schwer bis unmöglich. So bleibt die Hoffnung, dass der „Tschio“ in Aachen seinen Nimbus nicht verliert – alle Jahre wieder ein denkwürdiger Abend. Wer sich fragt, weshalb 40 000 Menschen ins Stadion strömen, obwohl es regnet ohne Ende und recht kalt – einfach mal hingehen um es selbst zu erleben.