Die Turniersaison 2022 nimmt in diesen Tagen so richtig Fahrt auf. Im Galopp geht’s aus den Hallen (endlich) ins Freie. Am ersten Mai-Wochenende gibt’s die traditionelle Vielseitigkeit in Marbach auf der Schwäbischen Alb sowie den 1613 erstmals veranstalteten Maimarkt auf dem Mühlfeld in Mannheim. Und Otto Becker, der Bundestrainer, lässt sich ein wenig in die Karten schauen. 

Blicken wir zunächst nach Mannheim, die zweitgrößte Stadt in Baden-Württemberg. Seit Menschengedenken hat dort der patriotische Peter Hofmann das Sagen, wenn’s um den Sport mit den Pferden geht. Vom 30. April bis zum 10. Mai wird unter seiner Ägide geritten – von früh morgens bis spätabends. 2022 fügt der rührige „Mannemmer Bub“ seinem Turnier eine attraktive Neuerung hinzu: Die Premiere des Preises der Nationen im Rahmen der „Longines EEF Nation Cups Series“. Bundestrainer Otto Becker sagte dieser Tage: „Ich möchte in dieser neuen Serie besonders nachrückende, junge Reiter*innen fördern. Weil es jetzt aber der Saisoneinstieg ist, kann natürlich auch ein erfahrenes Paar dabei sein.“

Wen meint Otto Becker damit? Nun, der nach Monaten aus den USA wieder heimgekehrte amtierende  Europameister Andre Thieme soll die talentierten und ehrgeizigen Jungprofis anführen, wenn am Sonntag, 8. Mai, der Preis der Nationen ansteht. Fürs Team ebenfalls nominiert sind die Südbadenerin Pia Reich, Kendra Brinkop aus Borken, Sophie Hinners aus Dagobertshausen und Patrick Stühlmeyer aus dem Stall von Paul Schockemöhle in Mühlen. Die „Badenia“ am Dienstag, 10. Mai, ist der Frühjahrsklassiker, zugleich als Qualifikation von Einzelreitern für die WM in Dänemark.

Diese neue Serie, die von den Anforderungen her deutlich unter dem großen weltweiten Serie der klassischen Nationenpreise liegen soll, geht auf folgenden Stationen weiter: Bratislava, Aalborg, Lissabon, Madrid, Athen, Drammen und Gorla Minore. Sogenannte Halbfinals hat der europäische Verband EEF nach Deauville und Budapest vergeben, das Finale im September nach Warschau. 2022 gilt es, die ersten Erfahrungen mit dieser neuen Serie zu machen. Interessant ist es aus meiner Sicht, dass wieder der Schweizer Uhrenkonzern Longines die Sponsorschaft übernommen hat. Ohne die eidgenössischen Uhrmacher geht es im internationalen Springsport offenkundig nicht.

Ebenfalls am Wochenende vom 6. bis 8. Mai startet die altbekannte, große Serie der Nationenpreise im französischen Seebad von La Baule – ein Turnier, von dem selbst alterfahrene Kämpen sagen, man müsse wenigstens einmal im Leben dort gewesen sein – phänomenal! Ich hab’s noch nicht geschafft, behalte es aber im Hinterkopf. Otto Becker hat folgendes Quintett für la Baule nominiert: Daniel Deusser, Marcus Ehning, Hansi Dreher, Jana Magers und Geritt Nieberg. Man sieht, dass es für Otto Becker langsam aber sicher gen Herning geht; die so wichtige WM der Springreiter steht Mitte August an. Und nachdem David Will, wie berichtet, seinen „C-Vier“ verloren hat, steigt der Druck auf Otto Becker, ein starkes Team für Herning zu formieren, das die Qualifikation für die Spiele 2024 in Paris schafft.

Zurück nach Mannheim und zu Peter Hofmann: 2021 hat Michael Jung mit FischerChelsea die „Badenia“ gewonnen – also hatte Hofmann gehofft, der Buschreiter aus Horb werde heuer wieder antreten, um seinen Titel zu verteidigen. Aber daraus wird nichts: Michael Jung und sein Chipmunk sind bereits in Kentucky, wo es am Wochenende um den Fünf-Sterne-Klassiker geht. Nächsten Montag/Dienstag will Michael Jung zurück sein, um sich auf Marbach vorzubereiten wo seine Zweitpferde laufen sollen – den Mannheimern hat er notgedrungen einen Korb gegeben. Michael Jungs Richtung für 2022 liegt auf der Hand: Die WM in Rom im September bekommt Priorität, das reine  Springreiten muss halt warten.