Die Turniermacher in der St. Jakobshalle von Basel sind mutige Leute. Nach zwei Jahren Pandemiepause wagen sie sich daran, aus einem internationalen Springturnier ein Topevent zu zaubern mit einer Weltcupdressur, dazu die weltberühmte Spanische Hofreitschule aus Wien. Das alles dient der Vorbereitung auf die Weltcupfinals in Springen und Dressur im April 2025. 

Dass der Zeitplan angesichts eines solchen Programms unter Druck gerät, das war klar. Also müssen die passionierten Fans der Dressur, namentlich die Fans von Jessica von Bredow-Werndl und Isabell Werth, morgen ziemlich früh aus den Federn: Die Weltcupkür beginnt bereits um 8.15 Uhr. Mir scheint, so früh am Morgen hat’s noch nirgendwo sonst eine punkteträchtige Kür gegeben, zumal das Rennen um die Punkte fürs Finale ja immer spannender, ja dramatischer wird.

Vergessen wir nicht: Jessica von Bredow-Werndl, die vor gut einer halben Stunde den Grand Prix als Einlaufprüfung mit souveränen 83,456 Prozentpunkten gewonnen hat, ist als Titelverteidigerin von Leipzig 2022 bereits für Omaha qualifiziert. Anders gesagt: Isabell Werth, die ihren Quantaz mit 78,261 Punkten sicher auf Rang zwei steuerte – ihr winken morgen Vormittag 20 wichtige Punkte, sodass sie von ihrem aktuellen Rang acht im Ranking auf Rang zwei nach vorne kommen kann. Sie hat momentan 37 Punkte, könnte morgen auf 57 erhöhen. Benjamin Werndl hat 50 Zähler, könnte sich morgen an die Spitze der Rangliste setzen, wo bis dato noch Ingrid Klimke liegt (55).

Wichtig zu wissen: Für Deutschland gibt’s beim Finale in Omaha/Nebraska nur drei Startplätze, einer davon geht, wie gesagt, an Jessica von Bredow-Werndl. Um die anderen beiden wird in den kommenden Wochen ganz sicher hart gekämpft. Ingrid Klimke und Helen Langehanenberg haben Basel ausgelassen, auch Charlotte Fry ist nicht angetreten. Dafür aber Parick Kittel und Dinja van Liere. Nur 15 Pferde in Basel, aber ein spannender Wettkampf.

Heute im Grand Prix zeigte die berühmteste Trakehnerstute der Welt, dass ältere Pferde, die professionell gemanagt werden, auch mit 16 Jahren noch immer deutlich über 80 Prozent laufen können. Fehlerfrei, topfit und stets leicht und gleichmäßig an der Hand – diese Grand-Prix-Runde war allein das Eintrittsgeld wert. Schade, dass die Arena nicht ganz ausverkauft war. Gäb’s die Weltcupkür – wie etwa in Stuttgart – am Samstagnachmittag, wäre die Baseler „Hütte“ natürlich randvoll bis unters Dach.

Besonderes Augenmerk galt dem jetzt 17-jährigen Showtime unter Dorothee Schneider bei seiner Rückkehr auf die ganz große Bühne nach langer Pause. Der Sohn vom Sandro Hit bekam 74,283 Punkte, wobei die Richter schwankten zwischen Platz drei mit 77,935 (Voser, Schweiz) und 68,913, (Matthiesen, Dänemark). Zugegeben, so glanzvoll wie in Tokio präsentierte sich Showtime heute nicht, aber seine Rückkehr ist ein Gewinn für die internationale Szene. Auch Benjamin Werndl und sein 19-jähriger Daily Mirror bekamen vom Richterquintett ein gemischtes Resultat: zweimal Rang drei, zweimal Rang sechs. Am Ende Platz fünf.

Im Schatten von Jessica und ihrer Dalera sowie von Isabell Werth und Quantaz reihten sich zwei aufstrebende Damen auf den Plätzen drei und vier ein: Dinja van Liere, zweimal WM-Dritte von Herning, auf ihrem Hartsuijker und Nanna Merrald auf ihrem Blue Hors Zepter.

Zum Schluss die kurze Erinnerung: Morgen gibt’s in der St. Jakobshalle das zehnte Weltcupspringen der Saison 2022/23. Danach folgen noch Leipzig, Amsterdam, Bordeaux und Göteborg. Auch auf dieser Rangliste bleibt es spannend. Kann Henrik von Eckermann, der Weltmeister, seine Pole Position verteidigen?