Heute reist die Weltelite an, morgen geht’s los in der St. Jakobs-Halle: das 2010 begründete „Longines CHI Classics Basel“. Hinter diesem etwas sperrigen Namen steht eines der attraktivsten Hallenturniere der Welt. Nach zwei Jahren Pause wegen der Pandemie starten die Eidgenossen neu und schwingen sich auf in die allererste Reihe der internationalen Topturniere: Weltcup in Springen, Dressur und Gespannfahren.
Kleine Rückblende. Als auch in der Schweiz das Covid-19-Virus um sich Griff, stand das Baseler Hallenturnier kurz vor dem endgültigen Aus. Der Grund: Ohne jede Rücksprache mit seinen ehrgeizigen Machern verbot der Kanton Basel Land das Event quasi über Nacht. Gründer, Sponsor und Mäzen Thomas Straumann, wohlhabender Unternehmer mit weltweiten Aktivitäten, in Basel beheimatet, drohte damit, sein Engagement zu beenden. Er hatte das Verbot aus seiner Morgenzeitung erfahren. Die Stadt Basel hingegen hatte die Ausrichtung des Turniers erlaubt.
Nach einigen Tagen angespannter Stille blickten Thomas Straumann und seine Getreuen voller Tatendrang wieder nach vorne, nicht zuletzt Andy Kister, der neue Turnierpräsident, zuvor lange Jahre erfolgreicher und höchst beliebter Equipenchef der Schweizer Springreiter. Ihre Motivation rührte womöglich auch daher, dass das Konkurrenzturnier im Hallenstadion von Zürich mittlerweile aufgegeben werden musste, weil die Stadt Zürich in unmittelbarer Umgebung eine städtebauliche Neuordnung plant, die Jahre in Anspruch nimmt.
Morgen startet also der Neuanfang, der durchaus an das German Masters von Stuttgart erinnert. Zum ersten Male ist Basel die siebte Station im Weltcup der Dressurreiter sowie die 10. Station im Weltcup der Springreiter. Auch die Wagenlenker fahren in Basel um Weltcuppunkte. Der Start auf der anderen Seite des Rheines im Südbadischen dürfte sich lohnen: Der Grand Prix am Samstag ist mit 30 000 Franken dotiert, die Weltcupkür am Sonntag gar mit 100 000 Franken; der Sieger bekommt 33 333 Franken – eine heitere Schnapszahl.
Kein Wunder, dass die Besetzung auf dem Viereck für die Premiere ziemlich gut ist: die WM-Dritte von Herning, Dinja van Liere, reitet ihr Zweitpferd Hartsuijker, Jessica von Bredow-Werndl bringt sogar ihre Dalera mit, Bruder Benjamin reitet Daily Mirror. Mit besonderer Spannung blicken alle auf Dorothee Schneider, die ihren Showtime nach längerer Pause wieder auf dem internationalen Geläuf zeigen wird. Isabell Werth sattelt Quantaz, möchte nichts unversucht lassen, um beim Finale in Omaha/Nebraska dabei zu sein. Insgesamt 16 Aktive aus acht Nationen haben gemeldet. (Mich wundert, weshalb Ingrid Klimke den Ausflug nach Basel nicht mitmacht.)
Auf die Springreiter warten in Basel nicht weniger als 830 000 Franken! Respekt! Das Weltcupspringen am Sonntag ist mit 330 000 Franken Dotiert, der Große Preis von Basel mit 200 000 Franken und die „Goldene Trommel von Basel“ mit 75 000 Franken. In der 66 auf 40 Meter großen Arena lässt es sich sehr gut reiten. Wer dieses Turnier kennt, der weiß, dass es dort an nichts fehlt. Thomas Straumann, Andy Kistler und ihre Teams unternehmen alles, um den Aktiven tolle Tage zu bereiten.
Das Starterfeld ist entsprechend: Die Eidgenossen treten vollständig und in Bestbesetzung an, das ist ja klar. Aus Schweden kommt Weltmeister Henrik von Eckermann, die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste. Er hat seinen Startplatz beim Finale in den USA so gut wie sicher. Aus Deutschland kommen Christian Ahlmann, Daniel Deusser, Lokalmatador Hansi Dreher aus Eimeldingen auf der anderen Rheinseite, sodann Marcus Ehning, Gerrit Nieberg sowie Pia Reich, Christoph Könemann und Philipp Schulze Topphoff.
Die Briten sind vertreten von Scott Brash, Jack Whitaker und dem unverwüstlichen John. Die Franzosen schicken unter anderem Kevin Staut, Roger Yves Bost, Simon Delestre, Julien Epaillard, Penelope Leprevost und Philippe Rozier, der übrigens 1985 den ersten Großen Preis von Stuttgart gewann, damals auf der Vollblutstute Jiva! Nicht zu vergessen: Harrie Smolders aus den Niederlanden und Angelica Augustsson aus Schweden.
Kurzer Blick auf die „ewige Bestenliste“ seit 2010: 2019 gewann Martin Fuchs auf Clooney das erste Weltcupspringen von Basel, 2020 war es Steve Guerdat. Steve gewann 2020 auch den Großen Preis, die „Goldene Trommel“ ging an Denis Lynch, der seit allerhand Jahren in den Diensten von Thomas Straumann steht. Deutsche Siege? Christian Ahlmann konnte 2016 den Großen Preis gewinnen mit Codex One. Ludger Beerbaum siegte 2010 auf Couleur Robin im Championat von Basel, 2013 siegte Christian Ahlmann auf Asca im „Preis des Hotels Trois Rois“ (das übrigens Thomas Straumann gehört). Viel mehr ist nicht zu sagen, wenn man die Rahmenspringen außer acht lässt. Was die Erfolge deutscher Springreiter angeht, ist also noch viel Luft nach oben.