Die geschätzten Kollegen von „spring-reiter.de“ und „St. Georg“ haben es herausbekommen und als erste darüber berichtet: Der braune Holsteiner „C-Vier“ steht seit wenigen Tagen im Stall des Iren Cian O’Connor, die Züchter- und Händlerfamilie Rijkens aus Elmshorn hat den Wallach, aktuell eines der besten Springpferde der Welt, an das schwerreiche irische Ehepaar Magnier verkauft. David Will ist seinen „Kracher“ los. So weit, so gut? Zurück zur Tagesordnung? Nun, ich hab‘ da doch ein paar kritische Fragen und Anmerkungen.
Michael Jung, der Superstar der weltweiten Buschreiterszene, hat am späten Abend des 1. Mai im fernen Lexington den Fünf-Sterne-Klassiker gewonnen. Vor der Weltpresse des Pferdesports vergaß er nicht, diesen Satz zu sagen: „Ich bin dem Fischer-Team außerordentlich dankbar dafür, dass es geholfen hat, dieses tolle Pferd, FischerChipmunk, in Deutschland zu halten!“ Wir erinnern uns: Nach den Weltreiterspielen 2918 in Tryon/South Carolina wollte Julia Krajewski, die dieses Pferd ausgebildet und in den Topsport gebracht hatte, ihren Anteil verkaufen. Einige Zeit sah es so aus, als würde das Pferd einen neuen Besitzer im Ausland finden. Am Ende aber sprang Michael Jungs Freund, Mäzen und Sponsor Professor Klaus Fischer ein (Dübel Fischer). Der Rest ist bekannt.
Warum erinnere ich daran? Ganz einfach: War es tatsächlich völlig unmöglich, C-Vier nur wenige Monate vor der WM für Deutschland zu sichern? Hat es hinter den Kulissen ernsthafte Gespräche darüber gegeben? Oder war das Ehepaar Rijkens von vornherein gar nicht bereit, in Verhandlungen mit dem DOKR und/oder möglichen Investoren einzutreten? Oder lag das Angebot des irischen Sponsors von Cian O’Connor, John Magnier, derart hoch, dass sich jegliche Debatten und Verhandlungen erübrigten? Gab’s für das Ehepaar Rijkens gar keine andere Option als an Magnier zu verkaufen?
Damit es kein Missverständnis aufkommt: Die Besitzer eines Pferdes haben jedes Recht, zu verkaufen wann und an wen sie wollen! Das ist der Markt! Die Rijkens haben diesen Weg gewählt. Kritischer Journalismus hat folgendes Recht: Man darf fragen, ob es im Interesse des deutschen Springsports einen Weg gegeben hätte, den Verkauf von C-Vier ins Ausland zu verhindern? Schließlich gehört doch dies zur Wahrheit: David Will hat diesen kapitalen Braunen mit dem enormen Springvermögen mit großem Geschick geformt und an die Weltspitze geritten. Der Wert des Pferdes ist dadurch exorbitant gestiegen. Nicht zu vergessen: Otto Becker, der Bundestrainer, hat durch sein Vertrauen in David Will durchaus auch einen Anteil daran, welchen Weg diese beiden in den vergangenen zwei Jahren genommen haben.
Es wäre sicherlich naiv, würde ich an dieser Stelle an den Patriotismus appellieren. Die Besitzerfamilie Rijkens würde mir bestimmt entgegen halten: Wir leben nun einmal von der Zucht, der Ausbildung und dem Verkauf von Pferden. Und es gibt eben Angebote, die darf man vernünftigerweise nicht ausschlagen. Stimmt und ist nachvollziehbar. Schade ist allerdings, dass sich für David Will hierzulande niemand gefunden hat, der dafür sorgen mochte, dass dieses Paar zusammenbleibt. Vergessen wir bitte nicht: Bei der WM im August im dänischen Herning geht’s in erster Linie um die Qualifikation für die olympischen Spiele 2024 in Paris. Otto Beckers Equipe muss, um dies zu schaffen, unter den besten fünf Mannschaften sein. David Will und C-Vier hätten dazu gewiss einen starken Beitrag geliefert.
Die Chance, bei der WM ganz vorne mitzureiten, liegt nun bei Cian O’Connor. Wer mich kennt, der weiß, dass ich diesem Herrn äußerst kritisch gegenüberstehe: Mit Waterford Crystal war er 2004 in Athen Olympiasieger in der Einzelwertung. Beim Dopingtest war das Pferd positiv, gedopt mit einem Beruhigungsmittel aus der Humanmedizin. O’Connor verlor Titel und Goldmedaille an Rodrigo Pessoa, für den das alles andere als erfreulich war. O’Connor kam mit lächerlichen drei Monaten Sperre davon. Dabei hatte er dem Ansehen des internationalen Springsports schwersten Schaden zugefügt. Ich wiederhole es hier frank und frei: Cian O’Connor trage ich das ganz persönlich nach, er ist bei mir unten durch! Dass er vergangenes Jahr bei den Spielen in Tokio einen Schimmel ritt, dem das Blut aus den Nüstern spritzte – ich hatte dabei kein gutes Gefühl.