Die Stadt Omaha in Nebraska liegt, was die Weltzeit angeht, genau sieben Stunden hinter unserer MESZ – der Mitteleuropäischen Sommerzeit. Wenn es also dort 18.15 Uhr am Abend ist, dann ist’s bei uns „Viertel zwei“, wie wir hier im Süden sagen, also 1.15 Uhr. 18 500 Zuschauer fast die riesige Arena, in der noch ein einziger Wettkampf aussteht: das 43. Finale im Weltcup der Springreiter. Vier deutsche Reiter sind mit dabei – leider Daniel Deusser nicht mehr. Richard Vogel, aktuell mit nur zwei Strafpunkten an vierter Stelle, kann am Ende durchaus der Triumphator sein.

Um 8 Uhr Ortszeit gab’s in Omaha zunächst einmal den zweiten Vet-Check für die 30 Pferde, die für das Finale qualifiziert waren – alle wurden als „accepted“ ausgerufen, dürfen also gesattelt werden. Das Feld reicht vom Neuseeländer Phillip Steiner, der 24 Strafpunkte aufweist, bis zum Dänen Andreas Schou und dem Eidgenossen Pius Schwizer, die beide mit null Punkten als letzte Reiter in den ersten Parcours gehen. Das Finale ist angelegt auf zwei Runden: 30 Pferde in der ersten, nurmehr 20 in der zweiten. Sollten am Ende mehrere Pferde nach Punkten gleichauf an der Spitze liegen, gibt’s ein Stechen um den Titel.

Was auf dem Spiel steht: Zunächst einmal das Prestige, neuer Weltcupsieger*in zu sein! Das Finalspringen ist für sich genommen mit 300 000 Euro dotiert, dazu kommen 750 000 Euro Prämien für die davon unabhängige Gesamtwertung: Der neue Titelträger darf sich über 172 500 Euro zusätzlich  freuen, für die weiteren Plätze liegen 131 250 Euro, 78 750 Euro sowie 60 000 Euro bereit. Geld gibt’s bis einschließlich Rang neun. Alles in allem ist dieses Finale 2023 mit 1,3 Millionen dotiert.

Klar, die Spannung steigt. Und blickt man auf das Punktetableau, bevor die erste Startglocke ertönt, dann verweis ich zunächst einmal auf die realistisch betrachtete Ausgangslage: Die führenden elf Reiter liegen zwischen zehn und null Punkten. Zwischen null und fünf sind das Schwizer, Schou, von Eckermann, Vogel, Holloway, Mansur, Smolders, Charles, Brash, Ryan und Gulliksen. Allerdings besteht zwischen Harry Charles mit nur fünf Punkten und den drei zuletzt Genannten ein „Loch“ von fünf Zählern. Die vorderen acht werden wohl den Sieg unter sich ausmachen.

In dieser Gruppe sehen wir fünf Pferde aus deutscher Zucht, dazu einen Belgier, einen Franzosen und einen Cornet Obolensky. Die gastgebenden Amerikaner haben nur Hunter Holloway mit dem Westfalen Pepita con Spita im Rennen. Sie sind, das darf man jetzt schon konstatieren, die Verlierer dieses „Erdteilkampfes“ zwischen Europa und den USA. Wie immer in derlei Championaten starten die führenden Reiter zuletzt – die Spannung wächst von Ritt zu Ritt. Kein Abend für schwache Nerven also.

Ich drücke Richard Vogel die Daumen – der 26-Jährige besitzt ein Toppferd, wenngleich die Arena mit 71 mal 32 Metern recht eng ist – der elfjährige United Touch aber besitzt einen riesigen Galoppsprung, kann in engsten Wendungen und Spitzkehren enorm Zeit gutmachen, kann binnen weniger Galoppsprünge das Tempo forcieren, sein Reiter gleicht jegliche Distanzen prinzipiell nach vorne aus – es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn Richard heute Nacht kein gewichtiges Wörtchen mitreden könnte.