Zuerst kommen die Fakten, dann kommen die Ansichten!

Diesem uralten Leitsatz für den seriösen Journalismus folge ich aus Überzeugung – auch heute wieder, da der sogenannte Moderne Fünfkampf erneut für Schlagzeilen sorgt: Der Weltverband dieser völlig aus der Zeit gefallenen olympischen Sportart hat in Monaco(!) getagt und folgendes beschlossen:

„Der Moderne Fünfkampf soll künftig ohne Reitsport auskommen – allerdings erst nach den Olympischen Spielen 2024 in Paris.“

Voreilige Meldungen, man werde das Springreiten durch irgendeine Disziplin aus dem Radsport ersetzen, wurden ausdrücklich nicht bestätigt. Man habe, so hieß es aus Monaco, „ein Beratungsverfahren gestartet, um eine Nachfolgedisziplin zu finden“. Zugleich, so hieß es weiter, wolle man „den Status des Modernen Fünfkampfes als ultimative körperliche und geistige sportliche Herausforderung bewahren“.

An dieser Stelle an darf gestaunt werden: Der Weltverband UIPM mit dem Deutschen Klaus Schormann an der Spitze tagt in Monaco, der deutsche Verband allerdings hat seit Jahren kein Geld, um einen Reittrainer mit zu den Spielen zu schicken. Jetzt setzt man beim Weltverband auf Zeitgewinn, frei nach dem Motto: Wir wursteln erst mal weiter bis Paris 2024!

Da wage ich doch frisch und frei folgende Wette: Ich wette, dass die Fünfkämpfer alles nur Erdenkliche daran setzen, in Paris 2024 eine einigermaßen gute Figur zu machen. Dann werden sie sich in Siegerpose werfen und ausrufen: Das Springreiten muss Bestandteil unseres Wettkampfes bleiben!

Offen und ehrlich gesagt: Die sogenannten modernen Fünfkämpfer bleiben aus meiner Sicht ein Ärgernis! Was sie sich – übrigens nicht nur Annika Schleu und Kim Raisner – in Tokio geleistet haben, hat dem gesamten internationalen Pferdesport schwer geschadet. Deshalb bleibe ich bei meiner kritischen Sicht: Die Aktiven und ihre Funktionäre haben das Recht verwirkt, Teil des olympischen Programms zu bleiben!

Zumindest hätte der Weltverband von sich aus das Ende des Reitens als Teil der Wettbewerbe beschließen müssen, auch wenn’s schwer fällt. So aber räumt man sich selbst gerne eine Galgenfrist ein in der Hoffnung, doch noch irgendein Schlupfloch zu finden. Also sind jetzt Thomas Bach und „sein“ IOC gefordert, klar und deutlich in aller Öffentlichkeit zu sagen: Wir versprechen, dass das Springreiten 2024 in Paris zum letzten Mal ein Teil des olympischen Wettkampfes sein darf! Sollte der Weltverband dazu nicht bereit sein, wird der Fünfkampf aus dem Programm gestrichen!

Um bei den Fakten zu bleiben: Verschiedene Medien berichten, der Weltverband der Fünfkämpfer habe gar keine Wahl mehr, das IOC, dessen Gremien noch in diesem Jahr tagen, habe klipp und klar signalisiert: Das Reiten kommt raus! Eine andere Disziplin müsse her, um den olympischen Status zu behalten. Den wiederum könnten die Fünfkämpfer nur dann halben, wenn sie vom IOC finanziell unterstützt werden.

Die Süddeutsche Zeitung aus München zitiert in ihrer Ausgabe vom 5. November den deutschen Vize-Europameister von 2018, Matthias Sandten mit dem Satz: „Der Fünfkampf nimmt seine olympische Berechtigung allein aus der Historie. Es gehört zu diesem Sport, dass man ein Pferd notfalls auch über den Parcours zwingt!“ Der Nachsatz macht Sandtens Statement nicht besser. Er lautet: „Das wird heute nicht mehr akzeptiert.“ Er meint, das Zwingen eines Pferdes über den Parcours.

Matthias Sandten klingt gerade so, als bedauere er, dass der Reitsport in der Öffentlichkeit so kritisch gesehen wird. Was Wunder, dass Sandten so redet – er ist ein Exponent einer Sportart, die nur alle vier Jahre bei Olympia ins Rampenlicht rückt, leider ins negative, ansonsten aber praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit agiert. Nun fürchten die Aktiven, dass ihr Sport nicht mehr der alte sein wird, dass sie ihren olympischen Status über kurz oder lang verlieren – so oder so.

Ich bleibe bei meinem Credo als altgedienter Journalist: Ich glaube nur, was ich sehe! Erst kommen die Fakten, dann die Meinungen! Diese Wochen und Monate werden zeigen, ob das IOC wirklich ernst macht und ob es dem Weltverband der Fünfkämpfer wirklich erst ist. Der möchte sich bis Ende 2022 Zeit lassen, um einen Ersatz für das Reiten zu finden. Geht’s eigentlich noch?

Nachsatz zum 6. November

Mehr als 650 aktive und ehemalige Fünfkämpfer aus aller Welt fordern den Vorstand ihres Weltverbandes UIPM schriftlich dazu auf, sofort zurückzutreten. Es sei für sie alle „wie ein Schock“, den Bestandteil Reiten im Fünfkampf aufzugeben – das richte sich gegen die Idee des Gründers Pierre de Coubertin. Ihm sei es damals, so wörtlich, darum gegangen, den „vollständigen Athleten“ zu küren.

Da kann ich mich nur wundern: Keine Spur von Selbstkritik bei den mehr als 650 Exponenten des Fünfkampfes. Nicht das Versagen ihrer Aktiven in Tokio und anderswo haben sie im Fokus, wollen es gar nicht nur Kenntnis nehmen, sondern die verbandspolitischen Konsequenzen, die ihr Vorstand ziehen muss.

Die Aktiven – nicht nur in Deutschland – wollen es partout nicht wahrhaben: Sie selbst haben ihre gesamte Sportart in die Grütze geritten! Wenn sie nicht zur Vernunft kommen, wird der Fünfkampf aus dem olympischen Programm gestrichen. Ich wäre dafür, ich bleibe bei meiner Meinung.

Ach, übrigens – da fallen mir zwei uralte Merksätze ein, die gewiss viele von Ihnen auch kennen:

Auf guten Pferden lernt man das Reiten!
Das Reiten lernt man nur durch das Reiten!