Manchmal kommt einem der Zufall zu Hilfe: Am 26. und 27. Juni 1954 organisierte ein Freundeskreis um den Erbprinzen Joachim zu Fürstenberg auf den Wiesen rund um den fürstlichen Schafstall ein Reitturnier mit Wettbewerben über Hindernisse, auf dem Dressurviereck und für die Gespanne. Aus einer Bierlaune heraus war die Idee dazu entstanden. Was daraus werden würde, nämlich eines der traditionsreichsten Turniere auf dem europäischen Kalender – niemand konnte das damals ahnen. Mitte September 2024, fast auf den Tag genau 70 Jahre nach der Gründung, wagt man im Schlosspark an der Donauquelle einen Neustart – nach schwierigen Jahren. Streng gerechnet, ist es das 64. Turnier – viel lieber feiert man heuer aber das 70-Jahr-Jubiläum. Geschichte und Gegenwart sollen sich vier Tage lang begegnen. 

Im Fürstenbergischen Archiv an der Haldenstraße, gleich gegenüber der Brauerei, bin ich mit Hilfe von Archivdirektor Jörg Martin fündig geworden. Zitat aus einem Bericht in der „Donau-Post“ vom 29. Juni 1954: „Es wurde mit diesem Turnier die alte Tradition bedeutender Reitturniere nach einer jahrelangen Unterbrechung wieder aufgenommen. Dass der Name Donaueschingen als Turnierstadt nach wie vor einen guten Klang hat, bewies die große Zahl von über hundert gemeldeten Pferden aus den bekannten Ställen des Bundesgebietes sowie französischer Militärreiter aus Weingarten-Ravensburg.“

Und weiter im hippologischen Pathos: „Rings um das Gelände flatterten zahlreiche Fahnen im Wind und gaben dem Turniergelände festliches Gepräge. Schirmherr war  Prinz Max zu Fürstenberg, Ehrenpräsident Bürgermeister Schrempp. Die Gesamtleitung hatten Prinz Friedrich, Hotelier E.W. Buri und Dr. med. Helmut Rall. Dem 36-köpfigen Ehrenausschuss gehörten unter anderem Regierungsrat Holfelder und weitere namhafte Persönlichkeiten an.“

Schon damals war das Reitturnier auf den Fürstlich Fürstenbergischen Wiesen im sogenannten Altpark nicht zuletzt ein gesellschaftliches Ereignis für die Region auf der Baar zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Zitat aus der Donau-Post: „Der Samstagabend sah Reiter und Gäste im Hotel Schützen zu einem geselligen Beisammensein, bei dem die Preisverteilung der jeweiligen Sieger des Tages durch Prinz Friedrich zu Fürstenberg vorgenommen wurde.“

Siegerehrungen zu Pferd, so vermute ich, gab’s bei der Premiere damals noch nicht. Und mit dem Vermelden von Siegern und Platzierten hielt sich der Chronist der Donau-Post nicht allzu lange auf – nur soviel: „Das Amazonen-Jagdspringen der Klasse A mit 400 Meter Bahnlänge und elf Sprüngen um den Ehrenpreis der Stadt Donaueschingen und des Erbprinzen Joachim gewann Prinzessin Delia zu Oettingen, Hohenaltheim, auf Aida und Fräulein Ruge, Freiburg Schwennigen, auf Gerti . Den Ehrenpreis für die  Dressurprüfung Klasse M, gestiftet von Prinz Friedrich zu Fürstenberg, dem Sieger Karl Lietz vom Reitsportverein Ebingen-Tailfingen auf Florida.“ Das Jagdspringen der Klasse M, so etwas wie der Große Preis, gewann, so wörtlich „Herr von Siegner von der Tübinger Reitgesellschaft auf Tilly“. Heute wissen wir, dass es sich um Kurd Albrecht von Ziegner handelte, einen Kavallieroffizier, Jahrgang 1918.

Und noch ein historisches Ereignis: „Eine besondere Ehrung fand der 92-Jährige Fürstlich Fürstenbergische Oberbereiter i.R., Richard Zerbst, einer der ältesten Pferdeleute in Baden-Württemberg, der 43 Jahre lang in Fürstlich Fürstenbergischen Diensten und seit 1886 im Dienst des Prinzen Karl Egon in Berlin tätig gewesen ist. Während der Kaiserzeit betreute er 60 Pferde.“

An diese Anfänge der „Eschinger“ Turniertage wird am Freitag, 13. September, von 19.30 Uhr an, mit einer Jubiläums-Gala erinnert: Diese Geschichte soll Revue passieren mit alten Filmen, Bildern und Zeitzeugen. Dazu ein attraktives Programm: Die „Silberne Herde“ des Haupt- und Landgestüts in Marbach, die Französin Anne-Gaelle Bertho mit fünf Pferden und einem Hund, der Pferdezuchtverein Mittlerer Schwarzwald mit einem gerittenen Bändertanz, die Hundemeute des Schleppjagdvereins von Bayern, Polospiel auf Steckenpferden sowie typische Rassen aus dem Haupt- und Landgestüt Marbach. Schließlich der französische Artist Laury Tisseur.

Bereits am Donnerstag, 12. September, dem ersten Turniertag, findet wieder ein Umzug durch die Innenstadt statt. Beginn 17.30 Uhr. 20 Gespanne und Vereine bilden den Zug. Eine Hommage an die Stadt an der Donauquelle und ihre Bürgerschaft, die trotz mancherlei Auf und Ab nach wie vor von „unserem Turnier“ spricht.

Wenn am Sonntagabend, 15. September, das Premierenturnier mit seinen 49 Prüfungen, dotiert mit rund 400 000 Euro und einem Etat von 2,5 Millionen Euro, vorüber ist, ist der Grundstein für die Zukunft gelegt. Mathias Rath und sein Team von der Schafhof Connects haben – mit dem Reiterverein Schwenningen, dem Fürstenhaus und der Stadt Donaueschingen – einen Fünf-Jahres-Vertrag unterzeichnet. Ich halte die Daumen!