In und um das Rathaus von Donaueschingen ist strengstes Stillschweigen vereinbart. Doch so manche Wand hat Ohren und von den Dächern der alten Fürstenresidenz pfeifen die Spatzen allerhand herunter. Soviel steht fest: Das in den fünfziger Jahren begründete Traditionsturnier soll von 2024 an in eine neue, möglichst bessere Zukunft geführt werden. Wohl ohne Kaspar Funke. 

Vor geraumer Zeit hat die Stadt Donaueschingen eine bundesweite Ausschreibung veröffentlicht. Wer Interesse habe und es sich zutraue, der solle sich doch bitte melden. Gesucht seien sportliche Konzepte und Projekte, um das Turnier im Schlosspark an der Donauquelle von 2024 an neu aufzustellen und international auszurichten. Man erwarte, anknüpfend an die Vergangenheit, Wettkämpfe in Springen, Dressur und Gespannfahren, dazu ein entsprechendes Rahmenprogramm undsoweiter undsofort.

Dem Vernehmen nach hat sich daraufhin eine Handvoll Interessenten gemeldet, entsprechende Bewerbungen abgegeben, darunter auch Kaspar Funke, der Chef von Escon Marketing, seit 2006 der Organisator des CHI Donaueschingen. Funke sagte mir heute in einem Telefonat: „Ich bin über den aktuellen Stand der Dinge nicht informiert. Wir haben einen Vertrag mit der Stadt Donaueschingen bis einschließlich 2023.“ Was danach geschehe, werde man sehen.

Kaspar Funke betont, die Stadt habe ihn korrekt und frühzeitig darüber informiert, dass man das Turnier nach Ablauf seines Vertrages neu ausschreiben werde. „Ich werte dies nicht etwa als Misstrauensvotum uns gegenüber.“ Er habe verschiedene Ideen, wie es auf der Baar weitergehen könnte. Unter anderem halte er es für denkbar, gemeinsam mit einem neuen Partner die Veranstaltung fortzuführen.

Was man heute aus verschiedenen Quellen hört, das sind lediglich Andeutungen und nicht mehr. Eines aber scheint mir klar: Nach dem Jahr 2023 geht es im Schlosspark ohne Kaspar Funke weiter! Man möchte das Traditionsturnier offenkundig in neue Hände legen – das, so ist zu hören, sei die zentrale Forderung des Oberbürgermeisters und seines Gemeinderates. Auch das Haus Fürstenberg, das sich in den letzten Jahren völlig vom Turnier zurückgezogen hatte, habe sein Interesse an einer neuen Weichenstellung deutlich signalisiert. Gleiches gilt für den Reiterverein Schwenningen, der traditionelles Mitglied in der Reitturnier GmbH ist.

Und weiter: Am gestrigen Dienstag hat es im Rathaus von Donaueschingen eine nichtöffentliche Zusammenkunft gegeben, in deren Rahmen einige der eingegangenen Bewerbungen präsentiert und diskutiert worden sind. Eine Entscheidung darüber habe man jedoch noch nicht getroffen – offenbar sind weitere Gespräche notwendig. Insgesamt, so heißt es, seien die Gespräche in guter Atmosphäre verlaufen. Man arbeite auf ein gemeinsames Ziel hin und wolle in der Schlussabstimmung eine möglichst breite Mehrheit erzielen. Möglicherweise werde die endgültige Entscheidung über die Zukunft des Turniers in der kommenden Woche getroffen – auf jeden Fall aber noch in diesem Jahr.

Wichtig zu wissen: Kaspar Funke und seine Escon-Marketing waren zu diesem gestrigen Termin nicht eingeladen. In den vergangenen, schwierigen Jahren mit der Corona-Pandemie hatte Funke das Turnier auf die Dressuren reduziert. Nach der Europameisterschaft der Gespannfahrer 2019 war Kritik an Kaspar Funke laut geworden – nicht nur im Lager der Wagenlenker: Funke, so hieß es, habe eine reine Sparversion veranstaltet, mehrere aktive Fahrer hatten die Hindernisse im Schlosspark als „nicht gerade schön“ eingestuft. Meiner Einschätzung nach reifte nach 2019 in Donaueschingen die Überzeugung, nach 2023 unbedingt ein neues Kapitel in der langen Geschichte dieses einst auch international so renommierten Turniers aufschlagen zu wollen.

Kurzer Rückblick: Auf den Wiesen am Schafstall, unweit ihres Schlosses, hat die Adelsfamilie zu Fürstenberg in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einen lokalen Reitertag veranstaltet. Dies war die Geburtsstunde des Turniers, das von 1965 an international ausgerichtet wurde. Zunächst stand es unter dem Andenken des in den Fünfzigern tödlich verunglückten Prinzen Kari zu Fürstenberg, seit einigen Jahren ist es dem Andenken seines verstorbenen Bruders Joachim Fürst zu Fürstenberg gewidmet.

1977 machte Donaueschingen europaweite Schlagzeilen, nachdem man eine glänzend organisierte Europameisterschaft der Viererzüge ausgerichtet hatte. Die Geburtsstunde des großen Fahrsports in Europa! 1986 sah Donaueschingen das deutsche CHIO, nachdem Aachen in jenem Jahr die WM der Springreiter übernommen hatte.

Später gab’s im Schlosspark unter anderem die ersten Bundeschampionate, die Finals im Nationscup, 1991 die EM der Dressurreiter sowie 2003 die EM der Springreiter. Im Laufe dieser vielen Jahre waren verschiedene Turnierleitungen am Werk, unter anderem mit dem Schwenninger Bauunternehmer Helmut Riegger, aber auch mit dem Reutlinger Gotthilf Riexinger an der Spitze. Als man Riexinger nach der EM 2003 vorhielt, diese Veranstaltung habe zuviel Geld gekostet, wurde das von Gotthilf Riexinger und Paul Schockemöhle vorgelegte Konzept für die Zukunft abgelehnt. Der damalige Oberbürgermeister Torsten Frei (CDU) holte seinerzeit Kaspar Funke nach Donaueschingen. Dessen Ära scheint sich nun dem Ende zuzuneigen.