Wer hoch und heilig verspricht, er wolle alles, wirklich alles, was in seiner Macht steht, tun, um aufzuklären, um Transparenz zu schaffen und um einen Weg zu suchen in eine bessere Zukunft. Wer aber gleichzeitig keine Skrupel verspürt, wichtige Beratungen kurzerhand als „nichtöffentlich“ zu deklarieren und dabei die Medienleute sowie die interessierte Öffentlichkeit aussperrt. Wer also eiskalt zwei Gesichter zeigt, der beweist, dass er in Wahrheit lieber tricksen, tarnen und täuschen möchte.
So geschehen zum Wochenbeginn in Dresden, wo FN-Präsident Hans-Joachim Erbel und Generalsekretär Sönke Lauterbach auf ihrer Jahresversammlung eigentlich Offenheit versprochen hatten: Man werde, so beteuerten sie im Vorfeld, alle Karten auf den Tisch legen. Aber nein, ihre Ämter zur Verfügung stellen, das komme gar nicht in Frage. Und außerdem werde man gemeinsam alles versuchen, dass der Rausschmiss von Rene Straten, dem Geschäftsführer für Finanzen und Personal nicht vor dem Arbeitsgericht teuer enden werde.
Wichtige Rückblende: Martin Richenhagen, 72, Herausgeber der Reiter Revue International, ehemals Dressurrichter bis in die höchsten Sphären, Equipechef der deutschen Dressurreiter, etwa bei den olympischen Reiterspielen 2008 in Hongkong, beruflich einer der ganz wenigen Deutschen, die es geschafft haben, der CEO einer Weltfirma in den USA zu werden. Dieser Martin Richenhagen hatte vergangene Woche in einem Interview mit dem Reiterjournal Baden-Württemberg folgendes gefordert: Rücktritt von FN-Präsident Erbel, Generalsekretär Lauterbach sowie ihrer gesamten Geschäftsführung!
Beide Herren hätten, so Richenhagen, „ihre Aufsichtspflicht ungenügend wahrgenommen“. Seiner Überzeugung nach müsse „die gesamte Finanz- und Verbandsstruktur auf den Prüfstand“. Denn in Warendorf neige man eher dazu, die Probleme unter den Teppich zu kehren. Er selbst bot sich an als „Tournaround Leader“, als Präsident für eine Übergangszeit, in welcher die Nachfolger für den Präsidenten und den Generalsekretär zu suchen seien.
Die Stärke von Martin Richenhagen und seinen Forderungen: Der Mann ist unabhängig in jeder Hinsicht, schätzt offene und kritische Worte, hat nichts zu verlieren und ist ein erfahrener Fachmann in Sachen Pferdezucht und Pferdesport international, nicht zuletzt ein angesehener Manager im weltweiten Wirtschaftsleben.
Die Schwäche von Martin Richenhagen: Der Mann hat keine Stimme in den FN- und DOKR-Verbandsgremien mehr, ihm fehlt, verbandspolitisch gedacht, jegliche Hausmacht, die ihn unterstützen könnte. Schließlich hat es – aus meiner Sicht – ein Geschmäckle, dass er als Herausgeber der Reiter Revue International dieses angesehene Fachblatt für seine privaten Interessen einsetzt. Das macht keinen guten Eindruck. Und noch etwas: Dass Richenhagen bereits vor Monaten Sönke Lauterbach zum Rücktritt aufgefordert hat wegen einer rein privaten Angelegenheit – kein kluger Schachzug!
Ob während der Verbandsversammlung 2024 in Dresden irgendwann und irgendwo der Name Richenhagen überhaupt genannt worden ist, das weiß ich nicht. Ebenso wenig weiß ich, ob und wer überhaupt – außer Richenhagen – die Herren Erbel und Lauterbach zum Rücktritt aufgefordert hat. Keine Ahnung. Klar ist nur, dass beide von sich aus jeden Gedanken daran zurückgewiesen haben.
Ihrer Ansicht nach heißt der Schuldige für die Finanzkrise, für ein Defizit von annähernd einer Million Euro, allein Rene Straten. Der habe nicht rechtzeitig vor der akuten Gefahr einer finanziellen Schieflage gewarnt. Was Straten in einem Interview mit der Reiter Revue heftig bestreitet, worüber ich berichtet habe. Der Finanzkurator von FN und DOKR, Gerhard Ziegler, Wirtschaftsprüfer aus Stuttgart und ehemals langjähriger Vorsitzender des Pferdesportverbandes Baden-Württemberg, hat in Dresden ausdrücklich betont, dass er „jahrelang eine gute Zusammenarbeit mit Herrn Straten gepflegt habe“.
Apropos Baden-Württemberg. Dieser Pferdesportverband war es offenkundig, der einen – wie ich finde – besonders wichtigen Antrag gestellt hat und dafür eine Mehrheit von 124 zu 46 Stimmen bekam. Das bedeutet: Die Vorstände von FN und DOKR bekommen für das hoch defizitäre Jahr 2023 keine Entlastung wie es die Satzung vorsieht. Das ist richtig, ja notwendig!
Vielmehr wird diese Entscheidung um rund zwei Monate vertagt, in denen ein externer Gutachter das gesamte Finanzgebahren des Verbandes und seinen finanziellen Status auf den Prüfstand stellen soll. Erst in Kenntnis seiner Empfehlungen werde man unter anderem über die beantragte Erhöhung der Mitgliedsbeiträge befinden und über die Frage der Entlastung des Vorstandes. Diese außerordentliche Sitzung des sogenannten Verbandsrates werde irgendwo im Rheinland stattfinden.
Kein Zweifel, das Thema Finanzkrise der FN und des DOKR ist komplex und kompliziert. Auf der einen Seite sind da die reinen Fakten, auf der anderen Seite der verbandspolitische und der sportpolitische Aspekt. Aus den Reihen anderer Sportverbände hört sich das aktuell so an: Was ist denn los bei den reichen Reitern? Können die nicht mit Geld umgehen? Merkwürdig!
Anders gesagt: der Imageschaden ist beträchtlich! Weshalb man in dieser misslichen Lage spontan nichtöffentliche Beratungen ansetzte, Presse und Gäste ausschloss – kein guter Stil! Das Misstrauen wächst, von neuem Vertrauen keine Rede! Wenn es in zwei Monaten um einen Neubeginn geht, könnte das für einige auch zum Waterloo geraten.
Wer einmal von Manfred Rommel gehört hat, dem legendären Oberbürgermeister von Stuttgart zwischen 1974 und 1996, der weiß, dass er ein ausgewiesener Fachmann in Sachen öffentliche Finanzen war. Zwei seiner ehernen Merksätze sind mir im tief Gedächtnis geblieben: „Auf die Dauer müssen die Einnahmen höher sein als die Ausgaben! Und gegen Adam Riese kann man keine Politik machen!“
Viele Grüße von der Insel Sylt!