Zum 37. Male hat es am Turniersamstag in der Schleyerhalle eine traditionsreiche Ehrung gegeben: den Otto-Lörke-Preis für die beiden besten deutschen Nachwuchspferde unter zehn Jahren auf dem Dressurviereck. Diesjahr ging dieser renommierte Preis an den neunjährigen Hannoverschen Hengst Destacado und die zehnjährige Hannoversche Stute Superb. Der Hengst wurde am Sonntag neuer „German Master“ unter Matthias Rath, die Stute trägt alle Hoffnungen von Isabell Werth. Für sie war es, ein einsamer Rekord, der 15. Lörke-Preis ihrer Karriere. 

Die Besonderheiten gehen sogar noch weiter: Den allerersten Lörke-Preis, übrigens eine Idee von Liselott Linsenhoff aus dem Jahr 1985, dem Gründungsjahr des Stuttgarter Turniers, erhielt ein kompakter Wallach, den der legendäre Dr. Uwe Schulten-Baumer zum Erfolg geführt hatte, geritten von seinem Sohn Uwe Schulten-Baumer. Später ging Weingart unter der blutjungen Isabell Werth, etwa bei ihrer ersten Europameisterschaft in Bad Mondorf. Insgesamt stellte „Der Doktor“, wie man ihn nannte, achtmal das beste Nachwuchspferd einer Saison.

2001 ging der Preis zum ersten Male an den Dressurausbilder Klaus Martin Rath und seine Frau Ann Kathrin Linsenhoff für die Erfolge von Renoir Unicef. Diesjahr erneut an Klaus Martin Rath und seinen Sohn Mattias für die Erfolge von Destacado. Auf der langen Namensliste für den Lörke-Preis finden wir auch die Profis Wolfram Wittig und Ton de Ridder, George Theodorescu und seine Tochter Monica, Martin Schaudt und Heiner Schiergen, Klaus Balkenhol und Dorothee Schneider, Hubertus Schmidt und Sönke Rothenberger, Beatrice Buchwald und Ronald Lüders, Gina Capellmann-Lütkemeier und ihre Tochter Fabienne, Jessica von Bredow-Werndl und ihren Bruder Benjamin.

Nennt man die Liste der Pferdenamen, dann spürt jeder sofort, dass es sich um die Besten der Besten gehandelt hat. Das spricht für den guten Sinn des Preises und es spricht für die großen Erfolge deutscher Reiter auf den wichtigsten Dressurplätzen der Welt: Rembradt und Gigolo, Anthony und Amaretto, Gorgio und Aleppo, Agnelli und De Niro, Renoir und Bonaparte, Lesotho und Satchmo, Wellington und Elvis, Sternthaler und Warum nicht, Whisper und Herzruf’s Erbe, Dablino und El Santo, Don Johnson und Desperados, Diva Royal und Bella Rose, Dresden Man und St. Emmilion, Zaire und Weihegold, Emilio un Showtime, Cosmo und Fabregaz, Heuberger und Faustus, Escolar und Famoso, Quantaz und Valesco.

Zurück zu meiner Eingangsfrage: Wer war eigentlich dieser Otto Lörke? Seine Vita liest sich zurecht wie aus längst vergangener Zeit. Aber dieser begnadete Ausbilder von Reitern und Pferden in der Dressur wirkt bis heute nach. Geboren im November 1879 in Ostpreußen und gestorben im November 1957 in Frankfurt, widmete er sein ganzes Leben der Reiterei: Militärzeit bei den Garde-Ulanen, seit 1905 königlich-preußischer Sattelmeister am Marstall in Potsdam bei Berlin. Nach dem Ersten Weltkrieg betrieb er einen eigenen Dressurstall in Berlin, wurde 1934 an die Kavallerieschule Hannover berufen, schuf die legendäre Dressurquadrille für Olympia 1936, war zugleich der maßgebende Ausbilder für die deutsche Olympiaequipe.

Man stelle sich das vor: Ein Zivilist war quasi der Nationaltrainer. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Otto Lörke erneut maßgebend für die Dressurmannschaften bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki und 1956 in Stockholm. Zugleich war er in diesen frühen fünfziger Jahren der private Ausbilder von Liselott Linsenhoff in Kronberg. Zu seinen bekanntesten Schülern gehören Heinz Pollay, Willi Schultheis, Walter Günther, Liselott Linsenhoff und die Baronesse Ida von Nagel. Auch der Reitmeister Robert Schmidtke, bei dem ich von 1966 bis 1969 Bereiter gelernt habe am Ohligser Weg in Hilden bei Düsseldorf, war ein Lörke-Schüler. Das macht mich doch ein bisschen stolz.

Zum Schluss noch eine heitere Schleife: Die beiden Ausbilder der preisgekrönten Pferde in diesem Jahr 2022, Isabell Werth und Klaus Martin Rath, erhalten jeweils eine Leistungsprämie von 1500 Euro, gegeben vom DOKR in Warendorf. Ich vermute mal, dass beide dieses Geld nicht brauchen – sie sind, wie jeder weiß, seit langen Jahren sozial engagiert auf vielfältige Weise. Das gilt gleichermaßen für die Besitzer der beiden Pferde. Madeleine Winter-Schulze sowie das Gestüt Schafhof und Friederike Lohse.