Während wir in Stuttgart die geglückte Neuauflage des German Masters gefeiert haben, gab’s im fernen Kapstadt die Jahresversammlung unseres Weltverbandes (FEI). Jetzt dringt scheibchenweise durch, was man dort beschlossen hat. Mir bleiben gemischte Gefühle.
Die wichtigste Personalie sofort: Ingmar de Vos (59), seit 2014 der Präsident der FEI, wurde in Kapstadt mit überwältigender Mehrheit für weitere vier Jahre im Amt bestätigt. Es ist seine dritte Wahl, gleichwohl seine letzte Amtsperiode über vier Jahre. Eine längere Amtszeit lassen die Statuten der FEI nicht zu. Dem ehrgeizigen Belgier, der dem IOC als Mitglied angehört, sagt man nach, auf dieser allerhöchsten Ebene des Weltsports allerhand Ambitionen zu hegen. Vielleicht sogar die Nachfolge des deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach. Spätestens in zwei Jahren, also nach den Olympischen Spielen von Paris, wird politische Bewegung in die Reihen der FEI kommen: Wer wird Nachfolger von Ingmar de Vos?
Einem informativen Interview vom deutschen FN-Gerneralsekretär Sönke Lauterbach, verbreitet über den FN.Pressedienst, entnehmen wir wichtige Nachrichten: 96 nationale Reiterverbände haben an der Versammlung in Kapstadtstadt teilgenommen – persönlich oder via Internet. Insgesamt besitzt die FEI 137 Mitgliedsverbände. Neben der Wiederwahl des Präsidenten ging es auch um die Wahlen der Aktivensprecher*innen: Bettina Hoy ist nun Mitglied im Disziplinausschuss Vielseitigkeit, Sabrina Arnold im Ausschuss für das Destanzreiten. Sonst sind keine Aktiven vertreten. Das ist wenig. Sönke Lauterbach kritisierte zurecht, dass die Beteiligung der deutschen Aktiven „bedauerlicherweise nur gering war“.
Seit Jahren schon steht das Thema Olympische Spiele 2024 im Zentrum aller Debatten, die von und mit der FEI geführt werden. Dazu aktuelle Stichworte: Es bleibt dabei, die Equipen bei den Reiterspielen bestehen aus nur drei Aktiven! Lediglich eine Änderung gibt es, die die Aktiven dringend gefordert hatten: Die Teamwertungen finden zuerst statt, dann die Einzelwettkämpfe.
Sönke Lauterbach hat aus Kapstadt leider diese negative Information mitgebracht: „Die Arbeit vor Ort in Paris gestaltet sich recht schwierig. Es müssen viele Kompromisse gemacht werden. Weil der Austragungsort beim Schloss von Versailles mit dem Modernen Fünfkampf geteilt werden muss, gehen uns Wettkampftage verloren. Das bedeutet, dass unsere Pferde nicht nach Nationen eingestallt werden können, sondern nur nach Disziplinen. Das ist nicht gut, weil dadurch das teaminterne Management viel schwieriger wird. So entsteht kein Teamspirit.“
Überdies, so berichtet Sönke Lauterbach, werde es zum ersten Male kein Testevent für die Buschreiter geben wie etwa zuletzt ein Jahr vor Tokio. Beim nächsten Eventing-Forum im Februar 2023 werde man die fragliche Geländestrecke besuchen und das Geläuf testen – zu Fuß! Übrigens, die Idee, die Vielseitigkeit in Haras du Pin auszurichten, wurde nicht akzeptiert. Es gibt eine völlig neue Strecke bei Versailles. (Weshalb ist man nicht nach Haras gegangen, wo man doch angeblich so heftig sparen muss?)
Auch in Kapstadt, so berichtet Sönke Lauterbach, sei es um die seit geraumer Zeit geführte öffentliche Debatte über das Ansehen des Pferdesports in der Öffentlichkeit gegangen. Einer weltweit angestellten Umfrage zufolge, sind 78 Prozent der befragten Pferdeleute der Ansicht, dass die Standarts in Sachen Pferdewohl verbesserungsbedürftig seien. Mit diesem Thema, so Lauterbach, „müssen wir uns auch national beschäftigen“.
Was mich wirklich nervt – und bestimmt auch viele meiner Leserinnen und Leser – das sind die Vorgänge in und um den Modernen Fünfkampf. Der Beschluss, das Springreiten aus dem olympischen Programm zu streichen, steht. Das ist gut und richtig. Weshalb man aber dieser Disziplin für Paris 2024 noch einmal das Springreiten zugestanden hat, ist mir schleierhaft. Auf der internationalen Ebene hat sich erst vor wenigen Wochen noch einmal eine große Gruppe von Aktiven vehement gegen die Abschaffung des Reitens gewandt.
Und nun auch noch dies: In Paris wartet auf die Aktiven aus Springen, Dressur und Vielseitigkeit die unmittelbare Begegnung und Berührung mit den Fünfkämpfern, weil deren Pferde als eine Disziplin eingestallt werden sollen. Die Fünfkämpfer – nicht nur die aus Deutschland – haben dem Ansehen der Reiterei in Tokio massiv geschadet, haben hernach in unverschämter Weise ein Verbot der olympischen Vielseitigkeit gefordert. Und nun dürfen sie sich in Paris mit einem Tusch aus dem Reiten verabschieden. Ich sage es voraus: Da werden wir tolle Tage erleben!