„Fakt ist, dass die Öffentlichkeitsarbeit unzulänglich ist.“ Mit diesem markanten Satz, im Gespräch mit der geschätzten Kollegin Gabriele Pochhammer vom St. Georg, adressiert an die FN-Spitze in Warendorf , hat Isabell Werth einmal mehr eine kritische Debatte angestoßen. Sie erwartet, ja sie fordert, dass sich FN und DOKR angesichts der Vorwürfe der selbsternannten Tierschützer von PETA weitaus stärker und mutiger vor ihre Topreiter stellen. Stattdessen, so ihr Vorwurf, wolle man „bloß nichts sagen, man könnte ja in ein Wespennest stechen“. Das sei jedoch „die völlig falsche Taktik“. Ich versuche, etwas genauer hinzuschauen.

Aus Warendorf gab es gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Mittwoch eine kurze Stellungnahme von der FN-Pressestelle. Eine Sprecherin wird so zitiert: „Es spricht für Isabell Werth, dass sie sich kritisch mit aktuellen Fragen auseinandersetzt. Dafür steht Isabell Werth und das zeichnet sie aus. Deshalb nehmen wir ihre Kritik ernst und werden den Austausch mit ihr suchen.“

Ganz klar, die kritische Debatte nach innen wie nach außen ist notwendig. Wir alle wissen: Die ätzenden Bilder vom Modernen Fünfkampf in Tokio haben dem Pferdesport schwer geschadet – dass es sich um einen eigenständigen, offenkundig unbelehrbaren Kleinverband mit unbelehrbaren Aktiven handelt, interessiert in der breiten Öffentlichkeit jedoch niemanden.

Ob’s uns gefällt oder nicht: Auch die zwei Jahre alten, verwackelten Bilder, die Ludger Beerbaum beim Barren und/oder beim Touchieren zeigen, haben dem Sport geschadet – in wenigen Wochen wird die in Warendorf etablierte, 27-köpfige Kommission ihre Begutachtung der Umstände und Hintergründe vorlegen, danach muss das FN-Präsidium seine Entscheidung treffen.

Und ob’s uns gefällt oder nicht: Der legendäre Mark Todd, im Buckingham Palast zum Ritter geschlagen, hat sich selbst und dem internationalen Sport mit seiner Prügelattacke gegen einen Schimmel, der nicht in einen Teich galoppieren wollte, auch geschadet. Ich bin übrigens, nebenbei bemerkt, erstaunt über die kritischen Reaktionen gegen Mark Todd in England. Über viele Jahre hinweg hatte man doch hierzulande den Eindruck, die Briten seien im Umgang mit ihren Pferden wenig zimperlich – die Öffentlichkeit reagiere nicht so empfindlich wie etwa in Deutschland, wenn ein Reiter mal etwas ruppig zupackt. Das hat sich offenkundig geändert. Da blieb Sir Mark nichts anderes übrig, als laut und vernehmlich „Mea culpa!“ zu rufen. Was für ihn folgt, ist noch unklar.

Schließlich PETA – vier Großbuchstaben, hinter denen aggressive Tierschützer stehen. Sie sind seit Jahren sofort zu Stelle, wenn nur der geringste Eindruck entsteht, ein Prominenter habe einem ihm anvertrauten Pferd ein Haar gekrümmt. Als versierte Populisten scheuen sie vor blanker Polemik nicht zurück – mit solider Sachkunde haben sie nahezu nichts am Hut. Es geht ihnen, wie ich vor Kurzem an dieser Stelle schon einmal geschrieben habe, um „Klassenkampf, um die Werbung neuer Mitglieder sowie um Spenden, Spenden, Spenden!“

Ob es auf die Dauer klug ist, sich mit PETA immer wieder öffentliche Scharmützel zu liefern, wage ich allerdings zu bezweifeln. Ich fürchte, genau das wollen die Tierschützer, denn es wertet sie auf. Je rauer der Ton wird, je öfter man sich womöglich vor Gericht und in den Medien  streitet, desto stärker der Werbeeffekt für PETA. So stilisieren sie ihr Image als das Gewissen aller wahren Tierfreunde und fühlen sich wohl in ihrer Rolle als Märtyrer. Ich glaube nicht, dass es gelingen wird, den Tierschützern den Boden unter den Füßen wegzuziehen und ihre Existenz zu nehmen. Die Reiterei sollte nicht in die „PETA-Falle“ tappen, nicht über jedes Stöckchen springen, das man ihr hinhält, sondern selbstbewusst vermeiden, sie überhaupt auf Augenhöhe kommen zu lassen. Wie sagt da der Volksmund so schön: „Gar nicht ignorieren!“

Zurück zu Isabell Werth. Ich finde es lobenswert, dass sich die erfolgreichste Reiterin des modernen Turniersports an die Spitze des IDRC hat wählen lassen, also des Internationalen Dressurreiter Clubs. Schade, dass man auf dessen Internetseite Isabell Werths aktuelle Stellungnahme gegenüber dem St. Georg beim Turnier in Neumünster nicht findet. Auch das wäre ein Teil von wichtiger Medienarbeit, denn kritische Stimmen gegen den Pferdesport sind ja keine deutsche Besonderheit.

Was nun FN und DOKR angeht: Deren Rolle darf man nicht missverstehen. Die FN verkörpert alle unter ihrem Dach organisierten Pferdefreunde im Land, das DOKR repräsentiert den Spitzensport, ist dabei dem DOSB und dem Innenministerium in Berlin verantwortlich. FN und DOKR haben die Aufgabe, über die Rechtsordnung zu wachen und im Zweifelsfall gegen Verstöße vorzugehen. Das ist fürwahr ein schmaler Grat in jedem Einzelfall. Isabell Werth weiß das aus eigener, leidvoller Erfahrung sehr genau. Sie sollte die Verbandsspitzen in Warendorf nicht überfordern. Die Debatte, die sie jetzt angestoßen hat, ist wichtig und muss gründlich geführt werden. Aber es bleibt dabei: Für sein Image in der Öffentlichkeit ist jeder Reiter selbst verantwortlich!