Reden wir nicht lange drum herum: Das Abschneiden des deutschen Quintetts bei diesem 42. Weltcupfinale der Springreiter ist enttäuschend. In der so wichtigen zweiten Runde erreichte keiner das Stechen. Bester im Team war Gerrit Nieberg mit Ben auf Rang elf. Philipp Schulze Topphoff ritt mit Concordess nur auf Rang zwanzig, einen Platz vor David Will mit seinem C4. Marcus Ehning musste auf seiner Schimmelstute Calanda drei Abwürfe hinnehmen, liegt als 24. einen Rang vor Christian Kukuk mit Checker. US-Topstar McLain Ward triumphierte, kann am Sonntag im Finale seinen ersten Cupsieg aus eigener Kraft schaffen.

Bundstrainer Otto Becker sagte, was angesichts der Lage seiner Reiter vor heimischem Publikum zu sagen ist: „Gestern, am Donnerstag, sah es noch sehr zuversichtlich aus für unsere Reiter, wenn man bedenkt, dass vier meiner fünf Reiter zum ersten Mal in so einem Finale stehen. Heute sind wir natürlich nicht glücklich mit diesen Resultaten und erhoffen uns mehr im Finale am Sonntag.“

McLain Ward, dessen Zweibrücker Fuchs Contagious in Topform ging, jederzeit an den Hilfen seines Reiters, der nach Belieben seine Taktik im Parcours umsetzen konnte, sagte kurz nach seinem hochverdienten Sieg: „Ich habe noch kein Finale gewinnen können, vor zwanzig Jahren stand ich schon einmal an der Spitze, ehe es ins Finalspringen ging – am Ende verpasste ich den Sieg. Ich hoffe, dass wir das am Sonntag hier in Leipzig nicht passiert.“ McLain Wards Taktik erinnert übrigens an Otto Rehagel: kontrollierte Offensive!

Eine starke Teamleistung boten die von John Whitaker (67) angeführten Briten. In seinem 29. Finale belegte John nach einem vermeidbaren Abwurf im Stechen auf Unick du Francport den sehr guten sechsten Rang. Sein Neffe Jack, der Sohn von Michael Whitaker, schaffte auf Valmy de la Lande einen tollen Platz drei. Rang zwei ging an Harry Charles, den 22-jährigen Sohn des ehemaligen Topreiters Peter Charles, auf Romeo. John Whitakers Kommentar: „Mein Pferd sprang heute wirklich gut und ich glaube, ich habe heute auch sehr gut geritten. Das Hindernis Nummer sieben hat auch anderen Reitern einige Probleme bereitet.“ Der coole Harry Charles sagte kurz und knapp:“Heute ging‘ für uns wesentlich besser als gestern. Ich bin sehr zufrieden mit Romeo, der ist zurück auf seinem normalen Niveau.“

Selbstkritisch und offen wie immer Marcus Ehning: „Das war nicht unsere beste Runde. Ich weiß gar nicht, was die Gründe dafür waren. So zu gehen, ist normalerweise nicht ihr Stil. Aber das soll keine Entschuldigung sein, wir beide sind alt genug. Es ist wie es ist. Heute war kein guter Tag für uns deutsche Reiter.“

Und der Debütant Philipp Schulze Topphoff: „Ich hatte heute nicht das Momentum und den Rythmus, so passierten die Fehler. Vor der Triplebarre wollte ich zulegen, um Zeit zu sparen – so kam der Fehler.“ Dass der Debütant enttäuscht war, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Anders Gerrit Nieberg, der als bester Deutscher auf dem Ergebniszettel steht: „Ich bin heute zufrieden mit meinem Pferd trotz des einen Abwurfs. Dafür, dass dies hier in Leipzig mein erstes Weltcupfinale ist, bin ich mit Ben zufrieden.“ Geritt Nieberg liegt vor dem Finale am Sonntag auf Rang fünf, kann also als einziger deutscher Reiter noch etwas reißen – aber leicht wird’s für ihn nicht.

Der Blick auf das weitere Feld: Martin Fuchs, der Sieger der ersten Runde, hatte im Stechen sein zweites Pferd The Sinner eingesetzt, was laut Reglement erlaubt ist. Im Stechen verhedderte er sich an einem Steilsprung, verlor einen Teil seiner Zügel aus der Kontrolle, rettete sich artistisch bis ins Ziel, kam aber nicht über Rang 16 hinaus. Sein Freund Steve Guerdat, der Titelverteidiger, musste im Stechen auf Victorio du Frotards zwei Abwürfe hinnehmen, kam immerhin auf Rang sieben. Er sagte in einem Interview vor den Finaltagen: „Mir geht es gegenwärtig mental nicht so gut, ich hatte vor Leipzig schlaflose Nächte, was ich normalerweise gar nicht kenne.“

Mein Blick voraus auf das Finale am Sonntag, in dem es über zwei Runden geht. McLain Ward liegt an der Spitze vor Harry Smolders, Harry Charles, Martin Fuchs und Gerrit Nieberg. Gregory Cottard, Conor Swail und Max Kühner liegen gleichauf, dahinter Jack Whitaker und Jens Fredricson. David Will rangiert gemeinsam mit John Whitaker und Jos Verlooy. 14. ist Philipp Schulze Topphoff, 17. ist Marcus Ehning, 23. ist Christian Kukuk. Insgesamt liegen noch 30 Reiter in der Wertung.