Volker Wulff, der Turniermacher, nahm mühelos eine Anleihe bei der Jugendsprache: „Wir sind mega zufrieden! 80 800 Besucher in den Messehallen, beim Turnier wie bei der Verkaufsschau mit ihren 250 Ausstellern. Das ist großartig. Im Januar 2023 gibt’s dieses Meeting wieder im Rahmen der Weltcupserien für Dressur und Springen.“ Kein Zweifel, Volker Wulff und sein Team, die zum dritten Male nach 2002 und 2011 ein Weltcupfinale ausgerichtet haben, bekamen am Ende das verdiente Kompliment für ihren Mut und ihren Fleiß. Hoffen wir, dass der Wegfall der Maskenpflicht dieses internationale Turnierwochenende nicht zu einem Hotspot gemacht hat. 

Leipziger Allerlei – die Älteren unter uns wissen, was das ist: ein leckerer Gemüseeintopf, wie ihn die Großmütter und die Urgroßmütter gerne gekocht haben, heutzutage in Leipziger Restaurants gerne als Gemüsebeilage gegeben. Also stelle ich meinen Rückblick auf die Tage und langen Nächte in der Leipziger Messehalle gerne unter dieses Motto. Übrigens: Die Leipziger Buchmesse konnte diesjahr leider nicht stattfinden, das Reitturnier war die erste große Veranstaltung seit den Anfängen der Pandemie.

An dieser Stelle möchte ich gerne über Geld reden, denn im Eifer des Gefechts am Sonntag, also nach dem spannenden und hochklassigen Finale der Springreiter, rutschte manch wichtiges Detail vor lauter Freude und Hektik etwas in den Hintergrund. Und zwar dies: Es ging ja, ganz genau genommen, um zwei Wettkämpfe: Zum einen das Finalspringen mit seiner eigenen Wertung, sodann um das Gesamtfinale des Weltcups nach fünf schweren Runden.

Deshalb an dieser Stelle die Ehre, wem sie gebührt. Das Finalspringen sah drei Sieger, die jeweils 51 000 Euro Preisgeld bekamen: David Will auf seinem C Vier, Martin Fuchs mit seinem Chaplin und der Schwede Jens Fredricson auf Markan Cosmopolit. David Will war, nebenbei bemerkt, der einzige Deutsche in der Platzierung. Jack Whitaker als Vierter bekam 24 000 Euro, sein Onkel John als elfter  immerhin noch 9000 Euro.

Für das eigentliche 42. Weltcupfinale seit 1979 hatte Volker Wulff 750 000 Euro Preisgeld aufgeboten – eine stolze Summe! Wie schon berichtet: Martin Fuchs auf Chaplin und The Sinner freute sich als neuer Champion über 172 500 Euro. Pferdebesitzer Luigi Balieri hüpfte umher wie ein Irrwisch, obgleich er nicht mehr der Jüngste und, mit Verlaub, auch nicht der Schlankste ist. Martins Sieg ging vollauf in Ordnung – ein Jockey, der mit seinem überragenden Gefühl für Rythmus, Distanzen und Konzentration inmitten der Weltelite steht. Es ehrt ihn, dass er offen und ehrlich gestand, „mein Pferd hat mich vor der welligen Planke gerettet, denn da kamen wir wirklich nicht passend hin.“

Ebenso offen und ehrlich, wie man es von ihm kennt, äußerte sich Marcus Ehning, der mit dem letzten Platz in der Gesamtschau vorlieb nehmen musste – bei seiner 19. Finalteilnahme: „Das war leider nichts. Ich kann meiner Calanda aber nicht böse sein. Ich habe sie hier vor sieben Jahren schon einmal geritten – aber es gefällt ihr gar nicht. Das liegt aber nicht am Turnier, sondern an der Atmosphäre und an den vielen Lampen.“ Eigentlich habe er ja mit seinem Hengst Stargold antreten wollen, doch der habe sich Anfang der Woche leicht verletzt.

Und nochmal Otto Becker, der mit dem Abschneiden seines Quintetts nicht zufrieden sein konnte: „Davids erste und dritte Wertungsprüfung waren überragend. Die zweite fing auch gut an, dann kriegte er leider zwei blöde Fehler. Mit etwas Glück hätte er weiter nach vorne kommen können. Das war auch meine Hoffnung, denn das Pferd ist sprunggewaltig. Aber ein Weltcupfinale ist nun mal  kein Wunschkonzert. Die anderen waren einfach besser.“ Insgesamt, da beißt die Maus keinen Faden ab, hatte sich Otto Becker bei diesem Finale vor heimischem Publikum mehr erhofft.

Die nächste Bewährungsprobe vor großen Publikum gibt’s im Juni in der Soers. Der Preis der Nationen und der Große Preis entscheiden darüber, wer Mitte August im dänischen Herning für Deutschland bei der WM antritt. Bis dahin, so hoffen die Fans, sind auch Daniel Deusser, Christian Ahlmann und Andre Thieme, der Europameister, wieder in der passenden Form. David Will und Geritt Nieberg werden vom Bundestrainer bestimmt ihre Chance bekommen.

Apropos Bundestrainer. Um Haaresbreite wäre der große Pott nicht zu Martin Fuchs in die Schweiz gegangen, sondern zu Harrie Smolders in die Niederlande. Ein Abwurf in der Schlussrunde kostete ihn nicht nur 40 000 Euro als Differenz zur Siegerprämie, sondern auch den zweiten Gesamtsieg eines niederländischen Reiters. Dazu gibt’s diese kuriose Geschichte: 1994 gewann Jos Lansink, damals für sein Heimatland Holland, auf dem dunkelbraunen Hengst Libero in Herzogenbosch das Cupfinal – ein toller Erfolg.

Jahre später wechselte Jos nach Belgien, wurde 2006 in der Soers auf Cumano Weltmeister. Seit wenigen Wochen steht Jos wieder in den Diensten der Niederlande als neuer Bondscoach und Nachfolger von Rob Ehrens, den man leider nicht ganz fair aus dem Amt gedrängt hat. Schade, aber so ist wohl der Profisport, nicht nur im Fußball. Ich bin gespannt, ob es Jos Lansink schafft, binnen weniger Monate eine starke Equipe für die WM in Herning aufzustellen.

Mein wichtiger Nachtrag in Sachen Dressur: Jessica von Bredow-Werndl bekam für ihren Sieg 60 000 Euro, Catherine Dufour erhielt 50 000 Euro und Isabell Werth beim letzten Auftritt mit Weihegold 40 000. Die Dotierung des Finales betrug 275 000 Euro. Da kann man wirklich nicht meckern.

Soviel dazu. Falls Sie die Chance haben, mal Leipziger Allerlei zu essen – zögern Sie nicht!