Es wäre so schön gewesen – aber leider. Olympische Reiterspiele ohne Dopingfall! Das bleibt, wie es aktuell aussieht, ein Traum. Die Belgierin Tine Magnus hat, Stand heute, ein gedoptes Pferd geritten: Dia van het Lichterveld. Auf der FEI-Plattform wird sie als „suspended“ geführt. Ihr Team mit Lara de Liedekerke an der Spitze verlor ihren vierten Platz von Paris. Dagegen vernehme ich aus dem Schlosspark von Donaueschingen fast kindliche Freude über den historisch wichtigen Neuanfang des Traditionsturniers zum Gedenken an Fürst Joachim zu Fürstenberg – selbst wenn’s regnet und der Wind pfeift. In und um Warendorf pfeift der Wind auch – im übertragenen Sinne: Martin Richenhagen, so sehe ich das, geht als Favorit ins Rennen um das vakante Amt des FN-Präsidenten. 

Tradozon – so heißt die verbotene Substanz, die man bei der zehnjährigen Dia van het Lichterveld bei den Kontrollen am Ende des olympischen Turniers gefunden hat. Pferd und Reiterin sind vorläufig suspendiert. Das Psychofarmakum, das als Beruhigungsmittel bekannt ist, um angeschlagene und/oder verletzte Pferde rascher zu heilen und einsatzfähig zu machen, wurde nachgewiesen.

Der deutsche Equipchef des belgischen Teams, Kai-Steffen Maier, wird auf buschreiter.de mit folgenden Worten zitiert: „Für uns als Team ist das eine niederschmetternde Nachricht. Wir waren uns sehr sicher, dass wir äußerst vorsichtig waren und alle Futtermittel und Zusätze im Vorfeld getestet haben.“ Man könne es sich nicht erklären, wie es zu diesem Dopingfall gekommen sei. Man versuche intensiv, gemeinsam mit der FEI und den Tierärzten, das Rätsel zu lösen.

Warten wir’s also ab. Unterdessen hat es in Burghley die legendäre Vielseitigkeit gegeben, von der manch einer in Großbritannien der uralten, festen Überzeugung ist, das sei einer der wenigen, wirklich schweren und anspruchsvollen Kurse – dort zeigten sich die Echten und die Harten. Ich fang mal mit dem Ende an: 66 Pferde am Start, 43 im Ziel. Keine deutschen Teilnehmer. Noch unter Hans Melzer als Bundestrainer schätzte man Burghley als zu schwer ein.

Also war diese internationale Vielseitigkeit vor dem berühmten Schloss einmal mehr eine rein britische Angelegenheit: Rose Canter, Weltmeisterin von 2018, siegte auf ihrem Graffalo – die beste Wertung in der 63-jährigen Historie dieser Prüfung. Hut ab! Dafür gab’s 110 000 Euro Siegprämie. Soviel liegt nicht alle Tage bereit. Rang zwei für Tim Price, den Neuseeländer, auf Vitali, Prämie 60 000 Euro. Harry Meade mit Cavalier auf Rang drei, Prämie 45 000 Euro.

Bester Reiter vom Kontinent war der Franzose Gaspard Maksud auf Zaragoza auf Platz sechs. Felix Vogg auf Cartania als 13. bester Mitteleuropäer. Hut ab! Kurz und knapp: Eine Demonstration der Reiter um Chris Bartle. Manch einer und/oder eine aus diesem Feld mag sich hernach als die wahre Olympiasiegerin gefühlt. Ob aus Burghley noch was nachkommt? Bis jetzt gottlob nicht. Ich für meinen Geschmack halt’s übrigens lieber mit Michael Jung und FischerChipmunk.

In Warendorf steigt indessen die Spannung: Bei der Präsentation der drei Bewerber um die Nachfolge von Hans-Joachim Erbel sind bekanntlich drei Herren im Rennen – eine Frau fühlt sich offenkundig nicht berufen. Eigentlich schade, wenn man bedenkt, dass wir in unserem Sport – rundherum gerechnet – achtzig Prozent Mädchen und Frauen haben. Womöglich sagen sich einige Frauen in dieser Situation: Wenn sich die Männer unbedingt ins Getümmel stürzen wollen – lass‘ sie doch!

Martin Richenhagen, das wundert mich nicht, soll nach der Einschätzung von Leuten, die dabei gewesen sind oder zumindest nahe dran waren, die beste Figur abgegeben haben. Der 72-Jährige besitzt  internationales Format. Und der Mann weiß, was er will. Ob’s am Ende, nämlich am 12. November, zum Sieg ausreicht, wenn’s zum Schwur kommt, werden wir sehen. Wenn man hört, dass ein starker Präsident Richenhagen nicht allen gefallen würde – haben eigentlich noch nicht alle erkannt, dass die FN-Finanz- und -Vertrauenskrise dem Sportverband an die Existenz geht, zumindest aber das Vertrauen in diese Institution tief erschüttert hat?

Heute, am Samstag, fordern auch Isabell Werth und Ludger Beerbaum straffe Konsequenzen: Isabell sagt der dpa, der Verband dürfe sich nicht auf den olympischen Erfolgen ausruhen, müsse in Zukunft noch viel mehr tun für den reiterlichen Nachwuchs im Spitzenbereich, Ludger sagt’s indessen quasi in einem Satz: Es müsse „dringend alles hinterfragt werden“. Viele Funktionäre seien zu alt!

Wasch mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass! Unter diesem Motto findet die FN keinesfalls in die richtige Spur zurück.