Guten Morgen allerseits! Soeben erhalte ich aus Versailles diese gute Nachricht: „Alle drei deutschen Pferde sind gut durch den Vet-Check gekommen, der um 7 Uhr angesetzt war. Morgenstund‘ hat Gold im Mund – es fragt sich allerdings, für wen? Um 10 Uhr, also in knapp zwei Stunden, beginnt die Kür der 18 Qualifizierten aus dem Grand Prix vom Dienstag und Mittwoch. Zwei Pferde sehe ich ganz vorne im Kampf um Gold: Dalera unter Jessica und Freestyle unter Cathrine. Aber in welcher Reihenfolge? Gestern hatte Freestyle 81,216 Prozent, Dalera „nur“ 79,954 Prozent. Das ist im Überschwang unseres Goldrausches ein wenig untergegangen.

In diesem Augenblick, 8.45 Uhr, findet sich in den weltweiten Weiten des Internets endlich die offizielle Startliste. 18 Pferde, wie gesagt: Frederic Wandres um 11.15 Uhr, Isabell Werth um 12.40 Uhr und Jesssica von Bredow -Werndl um 13.10 Uhr. Gleich danach und zum Schluss Cathrine Laudrup-Dufour. Damit hält die Dänin (fast) alle Trümpfe in der Hand.

Also wende ich mich, was ich besonders gerne tue, der Historie zu. Wer waren die Olympiasieger in der Einzelwertung seit 1912? 1928 in Amsterdam gewann der legendäre Carl-Friedrich Freiherr von Langen mit seinem Draufgänger. (Tipp von mir: Einfach mal googeln und lesen, wer das war.)

1936 siegte Heinz Pollay auf Kronos. (Name auch mal googeln!) Pollay war nach dem Krieg als Richter engagiert. 1972 in München ging das Gold, ausgeritten vor dem Schloss Nymphenburg, an Liselott Linsenhoff und ihren schwedischen Hengst Piaff. 1984 in Los Angeles schlug die große Stunde von Reiner Klimke auf Ahlerich. 1988 in Seoul und 1992 in Barcelona siegte Nicole Uphoff auf Rembrandt, „Remmi“ genannt. Für mich nach wie vor eines der besten Pferde, die wir jemals auf dem olympischen Viereck gesehen haben!

1996 brillierte Isabell Werth mit Gigolo bei den Spielen in Atlanta. Danach dreimal Anky van Grunsven auf Bonfire und Salinero. 2012 in London und 2016 in Rio stand die geächtete Charlotte Dujardin auf dem obersten Treppchen und 2021, wir erinnern uns gerne, Jessica von Bredow-Werndl mit ihrer Dalera.

Nicht zu vergessen der schwedische Offizier Henri Saint Cyr, der 1952 in Helsinki Gold holte auf Master und 1956 in Stockholm auf Juli. 1960 in Rom ging das Gold an den Russen Sergei Filatow auf Absent, 1964 in Rom an den Schweizer Offizier Henri Chammartin, 1976 an die Schweizerin Christine Stückelberger auf Granat.

Und 1980 in Moskau, als der Westen die Spiele boykottierte wegen Russlands Einmarsch in Afghanistan, siegte Elisabeth Theuerer aus Wien auf Mon Cherie. Sie hatte ihr Pferd von Nicki Lauda nach Moskau fliegen lassen – Österreich machte beim Boykott nicht mit. Heute startet ihre Tochter Viktoria Max-Theurer im Kürfinale.

Bliebe noch der Olympiasieger von Mexiko 1968: Ivan Kisimov auf Ichor. Damals waren die russischen Reiterinnen und Reiter eine starke Gruppe auf dem Dressurviereck. Später ließ die finanzielle Unterstützung für die riesige Pferdezucht in der Sowjetunion nach. Viele russische Aktive leben heute im Westen oder in Übersee.

Mit dieser nostalgischen Rückschau will ich’s im Moment bewenden lassen. Seien Sie fünf vor zehn via Internet zur Stelle. Dann zittern wir gemeinsam der Antwort meiner Frage entgegen: Dalera oder Freestyle?

Schönen Sonntag aus Stuttgart!