Licht und Schatten für unsere Buschreiter: Seit wenigen Minuten führt Michael Jung mit Chipmunk das olympische Feld an: Nach fehlerfreiem Ritt hält er sein Dressurergebnis von 17,8 Punkten, kann morgen aus eigener Kraft zum dritten Male Olympiasieger werden. Laura Collett dahinter mit 18,3 Punkten. Schwerer Schlag für das deutsche Team: Christoph Wahler und Carjatan sind gestürzt. Das Team ist gesprengt. Pferd und Reiter unverletzt. Keine Medaillenchance mehr. Als erste Reiterin im Feld der 63 Konkurrenten hatte Julia Krajewski, die Olympiasiegerin von Tokio, mit ihrem zehnjährigen Holsteiner Nickel einen glänzenden Auftakt geliefert: Nur 4,8 Punkte wegen Zeitüberschreitung. Capeau! Unsere Dressurpferde haben den Vet-Check locker überstanden.
Noch gibt es jetzt, 14 Uhr, keinen Kommentar von Michael. Aber sein Ritt, vom französischen Fernsehen leider nur partiell gezeigt, sprach für sich: Vorwärts im straffen Rhythmus, im Pferd sitzend, nicht nur auf dem Pferd! Auf der Ideallinie mit nur wenigen Sekunden, in denen er etwas stärker zupacken musste. Vor der Ziellinie ballte Michael bereits die Faust – dass es auf diesen Olympischen Spielen keine Mannschaftsmedaille geben kann, hat er für sich bereits abgehakt. Das wär‘ ja ein Ding: Am Mittwoch wird Michael 42 Jahre alt. Morgen kann er sich die Unsterblichkeit holen: Erster Buschreiter der Geschichte mit dreimal Einzelgold!
Kommentar von Christoph Wahler: „Es ist schwer zu sagen, um ehrlich zu sein. Er springt eigentlich die Kante genau so runter, wie ich es erhofft hatte. und ich kann sagen, dass es vorher fantastisch ging. Ich hatte an keinem Sprung das Gefühl, dass heute etwas schiefgehen könnte. Und dann kommen wir die Stufe runter, eigentlich genau mit der Distanz, die ich erhofft hatte. Dass es drei kurze Galoppsprünge werden. Dann ist er irgendwie mit dem Hinterbein in den Graben gekommen und das hat dann den Galoppsprung dann so unterbrochen, dass ich aus dem Sattel geschubst wurde. Ich kann es aber nicht genau erklären.“
Christoph Wahler war nach 25 Reitern erst der zweite, der aus dem Sattel musste. Eine Sekunde der Unachtsamkeit. Nach den Problemen gestern in der Dressur und dem Ausscheiden jetzt – Wahler hat seine Nominierung leider nicht rechtfertigen können.
Julia Krajewskis erster Kommentar nach ihrer starken Runde im Gelände: „Ich bin abnormal stolz auf Nickel. Mal wieder ein step mehr und er hat einfach gemacht! Ich habe vorher gedacht, komm, wenn du jetzt auf Mandy sitzen würdest, die würde dich einfach mitnehmen. Aber du bist jetzt alt genug, und du nimmst jetzt Nickel mit. So hat es sich ein bisschen angefühlt: Ich habe gesagt, wir machen und er hat gesagt, okay, alles klar – machen wir. Er war fit bis zum Schluss. Nur ein paar Sekunden drüber. Allerdings, wenn ich vorher mehr Tempo draufgepackt hätte, wäre er am Ende vielleicht müder gewesen. Und ich hätte nicht so durchgaloppieren können. Der Boden ist wechselnd, was den Rhythmus immer wieder ein bisschen klaut. Ich glaube, es werden noch genügend in die Zeit reiten. Aber für Nickel und mich war das top!“
Bleiben wir kurz bei der Dressur: 30 Nationen nehmen am olympischen Dressurwettkampf teil, 15 davon stellen Teams. Der Grand Prix beginnt am Dienstag um 11 Uhr. Am Mittwoch um 11 Uhr geht es weiter. Im Grand Prix geht’s noch nicht um die Medaillen, sondern darum, dass sich die besten zehn Teams für den Spezial qualifizieren am kommenden Samstag sowie die 18 besten Paare für die Kür am nächsten Sonntag ab 10 Uhr. Dann geht es um die Einzelmedaillen.
Beim Blick auf die Liste zur Horse Inspektion sehe ich dies: Nach dem „Aus!“ gegen die Britin Charlotte Dujardin haben Engländer ihr Team umgestellt: Littie Fry mit Glamourdale, Carl Hester mit Fame und Becky Moody mit Jagerbomb, Reserve ist jetzt Andrew Gould mit Indigro.
Die Dänen, wo ja Andreas Helgstrand und seine Schülerin Carina Krüth fehlen, starten mit Bachmann Andersen auf Vayron, Catherine Laudrup-Dufour auf Freestyle und Nanna Merrald auf Zepter, Reserve ist Nadja Sloth auf Favour Gersdorf. Apropos Freestyle – dieses Pferde stammt aus dem Beritt von Charlotte Dujardin.
Die Amerikaner kommen mit Adrienne Lyle auf Giraldo an den Start, dazu Marcus Orlob mit Jane und Steffen Peters auf dem unverwüstlichen Suppenkasper, Reserve ist Endel Ost auf Bohemien, übrigens aus dem Beritt von Catherine Laudrup-Dufour.
Noch ist nicht klar, ob alle Pferde „accepted“ sind. Das klären wir später.