Heute am Vormittag hat die FN das deutsche Team für die EM in der Vielseitigkeit bekannt gegeben. Das wäre für alle Fans der Buschreiterei eigentlich ein Grund neugierig und voller Vorfreude dem Championat vom 9. bis 13. August in der Normandie entgegen zu sehen. Aber leider hat die „Krone der Reiterei“ dieser Tage zwei tote Pferde zu beklagen: Nadine Marzahl musste ihre Valentine nach einem Trümmerbruch auf freier Strecke in Jardy einschläfern lassen. Gleiches blieb der US-Amerikanerin Tamra Smith nicht erspart – in Luhmühlen hatte sich ihre Stute California im ersten Wasser einen komplizierten Bruch des Knies zugezogen.
Die Trauer und das Bedauern klingen in beiden Fällen gleich. Die Reiterinnen und ihr Umfeld sind schockiert, sind untröstlich. Valentine FRH hatte unter ihrer Reiterin binnen zehn Jahren 61 internationale Prüfungen bestritten. Tamra Smith war mit ihrer zwölfjährigen Stute California erstmals in Luhmühlen gestartet. Nadine Marzahl war in Luhmühlen auf Platz vier der Deutschen Meisterschaft gelandet, wäre gewiss im EM-Aufgebot gestanden, das aus sechs Aktiven besteht: Zwei Einzelreiter und vier fürs Team, die erst vor Ort in Haras du Pin nominiert werden.
Was bleibt zu tun? Mit dem oft erteilten Hinweis, es habe sich um Unfälle und tragische Einzelfälle gehandelt, versucht die Vielseitigkeit, sich ein Stückweit zu entlasten und zu erleichtern. Den Gegnern der Buschreiterei wird das nicht reichen – Tamra Smith und Nadine Marzahl müssen mit Anzeigen wegen Tierquälerei rechnen.
Ich meine, die Geländestrecken müssen immer und immer wieder geprüft werden bis ins kleinste Detail: die Bodenverhältnisse am Wettkampftag, sodann die Holzkonstruktionen der schmalen Sprünge, besonders die ins Wasser, innerhalb der Teiche und die Aussprünge. Denken wir daran, dass Rosalind Canter 2022 in Aachen ihr WM-Siegerpferd verlor, nachdem es gegen einen schmalen Holzstoß gekracht war. Wie sicher sind diese schmalen Hindernisse, wenn es binnen Bruchteilen von Sekunden zu einem Vorbeiläufer kommt, der, streng betrachtet, gar kein Vorbeiläufer ist, sondern in erster Linie ein harter Aufprall?
Schaut man heute, also Tage später, auf das Ergebnistableau von Jardy, so sehen wir, dass von den 79 gestarteten Pferden dieser Vier-Sterne-Prüfung, dotiert mit 30 000 Euro, nur 52 Pferde ins Ziel gekommen sind. Auf dem zehnten und damit letzten Platz das deutsche Quartett, von dem nur Calvin Böckmann mit seinem Phantom der Oper ins Ziel kam, am Ende Rang zehn belegte. Maxime Livio siegte auf Api du Libaire mit 31,1 Punkten vor Camille Lejeune auf Dame mit 34,5 und Nadine Minder aus der Schweiz mit Toblerone (35,0). Von Rang 39 an lagen die Strafpunkte über 40 bis hin zu 135,9 auf Rang 52. War dieser Kurs am Ende zu schwer?
Ich maße mir kein Urteil an, denn ich war nicht vor Ort. Ich würde aber schon gerne hören, was der Bundestrainer Peter Thomsen und sein Team zum Schwierigkeitsgrad und zum Verlauf des Geländeritts in Jardy anzumerken haben. Vielleicht erfahren wir das ja noch in den nächsten Tagen.
Kurz zum Team für die EM in der Normandie. Korrekt wie immer vermeldet es Warendorf in einer Reihenfolge nach dem Alphabet: Nicolai Aldinger/Timmo, Sandra Auffarth/Viamant du Matz, Malin Hansen-Hotopp/Carlitos, Michael Jung/FischerChipmunk, Jerome Robine/Black Ice und Christoph Wahler/Carjatan. Als Reserve stehen Emma Brüssau, Calvin Böckmann und Libussa Lübbecke bereit.