Hätten Sie’s gewusst? Seit 1984 finden die Deutschen Meisterschaften in Springen und Dressur auf Schloss Wocklum in Balve im Sauerland statt. Also feiert man dort diese Woche ein Jubiläum, verbunden mit Dank und Glückwünschen an die Adelsfamilie von Landsberg-Velen. Chapeau! Schade nur, dass die Titelkämpfe der Springreiter schon seit vielen Jahren unter der Abwesenheit der Spitzenprofis leiden, während es auf dem Dressurviereck alle Jahre wieder hochklassigen Sport zu sehen gibt, weil alle Topstars gerne dort antreten. Auch diesmal wieder.
Bei dem Namen von Landsberg-Velen gilt meine Erinnerung sofort dem unvergessenen, ja legendären Dieter Graf von Landsberg-Velen, geboren 1925, gestorben 2012. Er war, neben manch anderem, von 1968 bis 2001 Präsident unserer FN. Außerdem auch lange Zeit Vize-Präsident des DOSB und höchster Vorstand des Malteser Hilfsdienstes.
Vielerlei Auszeichnungen belegen die Verdienste des Grafen. Auch in schwierigen Zeiten, etwa beim Barr-Skandal des Jahres 1990, machte er zwar nicht alles richtig, verlor aber auch nicht die Übersicht. Den Olympia-Boykott des Westens gegen Moskau 1980 hat der damals befürwortet. Als es später um die deutsche Olympiabewerbung für 2012 ging, votierte er einseitig für Leipzig, um die deutsche Einheit zu fördern. Damit hatte Graf Landsberg mit Zitronen gehandelt – aber nicht nur er allein.
Rosalie von Landsberg-Velen, eine seiner Töchter, verantwortet seit langen Jahren das „Balve Optimum“, wie die Deutschen Meisterschaften offiziell heißen. Die Tradition dieses Turniers im idyllischen Sauerland reicht bis ins Jahr 1948 zurück. Die Anfänge waren ländlich geprägt.
In dieser Woche werden in Balve, wo Longines der Titelsponsor ist, insgesamt acht Meistertitel vergeben: Springen und gesondert Springen für die Damen, dazu in der Dressur ein Titel im Spezial und einer in der Kür. Für die Aktiven U25 gibt’s ebenfalls zwei Titel: Grand Prix und Kür. Erstmals wird in Balve die Meisterschaft der Para-Reiter ausgetragen. Das wäre gewiss im Sinne von Dieter Graf Landsberg gewesen.
So schön und lohnenswert der Rückblick auf die vergangen vier Jahrzehnte in Balve auch sind – in diesen Tagen geht der Blick (fast) nur nach vorn in Richtung Olympia. Monica Theodorescu hat deshalb einen Pflichtstart anberaumt, der zweite findet Anfang Juli in der Soers statt. Also kommt, was viele ihrer Fans freuen wird, Jessica von Bredow-Werndl mit ihrer Dalera.
Auch Isabell Werth und Frederic Wandres sind mit von der Partie, dazu Matthias Rath, Raphael Netz, Ingrid Klimke, Dorothee Schneider, Katharina Hemmer, Sönke Rothenberger. Hoffentlich fällt keiner kurzfristig aus, denn es täte unserem Dressursport mehr als gut, wenn wir mal wieder eine wirklich ernsthafte Standortbestimmung hätten.
Im Springen sieht die Welt der DM ganz anders aus. In Cannes gibt’s eine Station der Global Champions Tour, in La Baule das traditionelle Topturnier, diesjahr wieder mit Nationenpreis, der früher zu der jetzt stark verkleinerten Serie zählte. Für La Baule haben Kendra Brinkop, Hansi Dreher, Marcus Ehning, Andre Thieme und Philipp Weishaupt gemeldet. Im Nationenpreis gibt es 250 000 Euro, im Großen Preis sogar das Doppelte. In Cannes reiten Christian Ahlmann, Christian Kukuk, Daniel Deusser, Janne Meyer-Zimmermann, Philipp Schulze Topphoff und Sophie Hinners.
Also ist für mich Sophies Partner Richard Vogel der Topfavorit auf seinen ersten deutschen Meistertitel. Die DM im Springreiten gibt es übrigens seit 1948, damals noch unter dem Namen Deutsches Springchampionat, die Dressurreiter begannen 1959 in Berlin ihre Titelkämpfe. Dazu mehr von mir in den kommenden Tagen.
Mehr Infos unter www.balveoptimum.com und wwwjumpingcannes.com