So langsam wird es ernst bei der Springreiter-WM. Um 13 Uhr begann der erste Umlauf im Preis der Nationen, die zweite WM-Runde nach dem gestrigen Zeitspringen. 22 Equipen gehen an den Start – nur die besten zehn dürfen morgen die zweite und entscheidende Runde in Angriff nehmen. Die deutsche Equipe, bis dato auf Rang sechs, muss sich unbedingt steigern: Marcus Ehning und Stargold  lieferten eine Nullrunde. Wenn morgen die WM abgerechnet wird, muss Otto Beckers Team unter den besten fünf sein, sonst ist die Qualifikation für Paris 2024 fürs erste verpasst.

Wer diese Zeilen liest an diesem strahlenden Donnerstag, der sollte wachsam sein: Marcus Ehning steht auf der Startliste der 103 Pferde mit seinem Stargold bereits an dritter Stelle. Das heißt, dass er keine Chance hat, erst einmal einige Konkurrenten zu beobachten, um daraus seine Schlüsse für den Parcours zu ziehen. Jana Wargers und ihr Limbrigde starten als 29. Andre Thieme und seine Chakaria sind als 55. an der Reihe. Christian Ahlmann und Dominator bilden als 81. den Schluss.

Marcus Ehning hatte die leidige Startnummer drei: „Ich konnte keinen anderen Reiter sehen, hatte aber heute das Glück, das mir gestern gefehlt hat. Mein Hengst ist flexibel, er hat mehrmals sehr gut reagiert. Der Parcours ist lang, wieder 14 Hindernisse mit 17 Sprüngen. Man wird sehen, dass da schon manchem die Kraft ausgeht.“

Jana Wargers und ihr Limbridge gehen den Kurs mit 14 Hindernissen und 17 Sprüngen erneut gut an wie tags zuvor. Doch aus der Linkswendung heraus auf den roten Steilsprung mit der Nummer sieben kommt der Wallach zu weit links – ein Abwurf. Sie sagt: „Im Moment überwiegt die Enttäuschung. Ich bin nicht gerade auf das Hindernis zugekommen.“ Der Parcours sei sehr lang aber durchaus fair. Fehler passieren überall. Natürlich schade, denn Otto Beckers Team braucht Nullrunden, um weiter nach vorne zu kommen. Der fünfte Platz hängt quasi wie ein Damoklesschwert über der Mannschaft. Aber Jana sagt: „Wir kämpfen weiter, die beiden Herren, die noch kommen, werden es machen.“

Als Andre Thieme nach seiner so wichtigen Nullrunde zu den wartenden Journalisten kommt, sagt er: „Ihr wisst ja, wie wichtig das jetzt war. Ich bin ein Kämpfer, weiß bis jetzt nicht, weshalb meine Stute gestern diesen Fehler hatte. Heute hat Chakaria geliefert! Gestern lagen wir als Team weiter hinten, als wir uns das vorgestellt hatten. Heute kommen wir ganz bestimmt ein Stück weiter nach vorn.“

Leider kann Christian Ahlmann mit seinem Dominator einen Abwurf nicht verhindern: „Das geht auf meine Kappe! Der Umlauf war nicht schlecht, es war kein grober Fehler. Der Kurs, wieder 14 Hindernisse mit 17 Sprüngen, nimmt den Pferden viel Kraft, er ist mehr als ein normaler Parcours, ein technischer Kurs. Auch macht es etwas aus, wann man dran ist. Ich denke, es ist noch lange nicht vorbei – morgen wird es nicht leichter. Wir als Team müssen es ordentlich zu ende bringen.“

Otto Becker, der Bundestrainer, urteilte am Ende des zweiten WM-Tages so: „Alle vier haben heute gut geritten, es war eine gute Teamleistung. Ich bin super zufrieden. Man sieht ja jetzt, wie eng alle Teams beieinander liegen. Morgen bleibt es spannend bis zum letzten Ritt. Wir sind noch dabei. Hoffentlich müssen wir nicht auf die Fehler der anderen warten.“

Am Ende dieses zweiten WM-Tages sieht die Sache so aus: Schweden vor Frankreich und Deutschland, dahinter die Niederländer, die Belgier und die Briten. In der Einzelwertung führt der Franzose Julien Epaillard vor den beiden Schweden Peder Fredericson und Henrik von Eckermann.

Infos unter www.herning2022.com

Nowbody is perfekt! An dieser Stelle möchte ich einen Fehler korrigieren, der mir im Zusammenhang mit Janne Friederike Meyer-Zimmermann und ihrer Nominierung als Reservereiterin für diese WM unterlaufen ist. Ich hatte geschrieben, Janne habe ihre Einstufung als Reservistin „klaglos hingenommen“, so wörtlich.

Diese Einschätzung ist falsch: Janne Frederike Meyer-Zimmermann hat vor Wochen auf Instagram Kritik daran geübt, nicht für die startende Equipe nominiert worden zu sein. Sie bewertete ihre Vorleistungen, insbesondere ihr Abschneiden bei den Nationenpreisen, als so überzeugend, dass sie im Kernteam hätte stehen müssen. Ihrer Ansicht nach werde den Nationenpreisen und der deutschen Meisterschaft nicht mehr genügend Gewicht beigemessen. Eine offizielle Äußerung von Otto Becker gibt es dazu nicht.