Eine kurze Woche noch, dann beginnt die Springreiter-WM 2002 im dänischen Herning. Pünktlich und prima passend dazu hat die FEI heute ihre neue Weltrangliste veröffentlicht – Stand 30. Juli. Eines sticht sofort ins Auge: der sympathische Eidgenosse Martin Fuchs hat seine Führung nach Monaten verloren – neue Nummer eins der Weltrangliste ist der Schwede Henrik von Eckermann, der Mannschafts-Olympiasieger von Tokio.

Die einen sagen so, die anderen sagen so. Ich erinnere mich gut daran, wie Franke Sloothaak eines Tages sagte: „Die Weltrangliste ist für mich ganz besonders wichtig, denn daran sieht man genau, wo man mit seinen Pferden sportlich steht.“ Mal ganz abgesehen davon, dass die führenden zehn „Jockeys“ auf der Liste bei ihren Planungen für die internationalen Auftritte von ihrem Listenplatz profitieren, sofern sie mit ganz vorne liegen. Andere ärgern sich schon seit Jahren, dass es so schwer ist, auf der Weltrangliste nach oben zu klettern – die internationalen, finanzstarken Profiställe versperren den Weg nach oben.

Martin Fuchs kann den Verlust der Führungsrolle gewiss leicht verschmerzen, denn als neue Nummer zwei zählt er so oder so mit zum Kreis der Topfavoriten für diese Weltmeisterschaft – die zweite übrigens, die ohne Pferdewechsel entschieden wird. Vor vier Jahren in Tryon gewann Simone Blum auf ihrer Alice die erste WM nach der Abschaffung des Pferdewechsels.

Ich finde es übrigens nach wie vor sehr schade, dass man den spannenden Pferdewechsel in die Geschichtsbücher verbannt hat – da bin ich, nebenbei bemerkt, in sehr guter Gesellschaft: Jeroen Dubbeldam, der 2014 in Caen den letzten Pferdewechsel gewonnen hat, hält die Abschaffung bis heute für falsch. Zur Erinnerung: Alle vier Jahre gingen vier Pferde diesen Reiterwechsel. Mehr nicht. Aber dem modernen Profisport war dieser Pferdewechsel schon lange ein Dorn im Auge.

Schauen wir noch einen Moment länger auf die aktuelle Rangliste: Nummer drei ist der Schwede Peder Fredricson, Team-Olympiasieger in Tokio. Das Ziel der Schweden scheint mir klar: Sie wollen ein Jahr nach ihren Goldmedaillen von Tokio auch bei der WM in Herning ebenfalls Gold und Titel gewinnen. Auf den Plätzen vier und fünf finden wir Connor Swail, den Iren, und Marlon Zanotelli, der Brasilianer, der sich in den letzten Monaten mehr und mehr ins Rampenlicht geritten hat.

Da fällt mir übrigens ein: Blickt man auf die ewige Siegerliste dieser Springreiter-WM, so findet man häufig Aktive, die vorher keiner auf dem Zettel hatte: 1986 in Aachen war’s die völlig unbekannte Kanadierin Gail Greenought auf dem Hannoveraner Mr. T. 2002 in Jerez trug Dermot Lennon, der Ire, zur allgemeinen Überraschung den Titel davon. 1982 siegte bekanntlich der Rheinländer Norbert Koof mit seinem riesengroßen Fire. Und der Sieg von Simone Blum auf Alice vor vier Jahren war wirklich eine Sensation. Schade, dass Simone die vergangenen vier Jahre als amtierende Weltmeisterin nicht auskosten konnte. Ihre WM-Siegerstute kehrt wohl nicht mehr zurück in den großen Sport, sie selbst tummelt sich endlich wieder mit neuen Pferden dort, wo man die zweite Reihe findet.

Nun zu Ben Maher, dem Olympiasieger. Für mich war er der WM-Favorit – bis vorgestern. Da meldete er selbst seinen Kracher „Explosion“ vom WM-Tableau ab – der Fuchs sei nicht fit. Deshalb werde er nun  auf  Faltic umsteigen, jenen Braunen, den er kürzlich im Nationenpreis von Hickstead geritten hat. Aus dem engen Kreis der Favoriten ist Ben Maher leider ausgeschieden. (In den nächsten Wochen werden wir sehen, ob Ben viel lieber Global Tour reitet als WM. Möglich wär’s.)

Aus deutscher Sicht: Daniel Deusser bleibt als sechster nach wie vor bester deutscher Reiter auf der Rangliste. 15. ist Christian Ahlmann, 23. Marcus Ehning. Andre Thieme belegt Rang 28, David Will Platz 29. Ewig schade, dass wir David nicht sehen bei dieser WM mit dem von ihm in den großen Sport gebrachten Holsteiner C-Vier, den wir in Herning unter Cian O’Connor sehen werden. Och höre schon den einen oder anderen: „Tja lieber Borgmann, der Profisport ist kein Wunschkonzert!“ Stimmt, aber träumen wir man ja noch dürfen.

Wir sehen uns in Herning!