Bei steifer Brise von See her, bei Sonnenschein, bei kräftigem Regen, bei zunächst nur schwach besetzten Rängen hatte am Morgen in Herning die Dressur-WM begonnen. Die 29-jährige Dänin Nanna Rasmussen und ihr 18-jähriger Blue Hors Zack legten im Grand Prix 76,724 Prozentpunkte vor. Ingrid Klimke und ihr 14-jähriger Hengst Franziskus lagen mit 75,683 Punkten deutlich dahinter. Überraschend auf Rang drei im Zwischenklassement die Niederländerin Thamar Zweistra auf dem kapitalen Schimmel „Ich weiss“ mit 72,376 Punkten. Jetzt am Abend war’s ein Dreikampf.  

Mehr als ein erster Eindruck ist es noch nicht – aber doch mit einigem Fingerzeig. Die dänischen Gastgeber zeigen vom Start weg, was sie sich für heute und morgen vorgenommen haben. Die Chance, einen großen Titel zu gewinnen und das zwei Jahre vor den nächsten olympischen Spielen – das wollen sie sich nicht entgehen lassen. Der 18-jährige Hengst Blue Horse Zack aus der niederländischen Zucht, im Eigentum der „Blue Hors Aps“, hinter der wohl Andreas Helgstrand steht, beeindruckte auch heute durch große Bewegungen und Charisma in den Verstärkungen. Mitunter sah es fast so aus, als hätte seine Reiterin doch einige Mühe dieses Bewegungskraftpaket buchstäblich im Zaum zu halten.

Ingrid Klimke und ihr hannoverscher Hengst Franziskus konnten da nicht ganz mithalten. Klimkes erster Kommentar: „Je länger die Aufgabe ging, desto besser wurde mein Pferd. Spitze! Es hat sich gezeigt, dass die Trainingsarbeit seit Aachen sehr viel gebracht hat. Wenn man im Olympiakader steht, bekommt man die Unterstützung der Bundestrainerin und von Johnny Hilberath. Das hat sich ausgezahlt.“ Punkte kostete Ingrid Klimke wohl doch, dass ihr Hengst nicht immer ganz geschossen geht, mitunter wünsche man sich, dass seine Reiterin an einem Tag wie heute durchaus etwas mehr riskiert hätte. Morgen Abend, wenn Bilanz gezogen wird, dann geht es bekanntlich darum, welche 30 Pferde in den Spezial am Montag kommen. Ingrid Klimke geht fest davon aus, dass sie unter diesen 30 sein wird.

Das auffälligste Pferd unter den ersten an diesem WM-Samstag war der neun Jahre junge  Schimmel  Hexagons Ich weiss unter Nanna Merrald Rasmussen. Dieses Kraftpaket, das sich gewiss auch im Parcours behaupten würde, verlangt seiner Reiterin alles ab, was ihre Kräfte angeht. Aber das spielt überhaupt keine Rolle. Ich finde, dieses niederländische Paar hat Zukunft, wird womöglich in zwei Jahren bei Olympia in Paris einen starken Auftritt haben. Die Niederländer sind offensichtlich in einem Umbruch, einem Neuaufbau. Edward Gal und Peter Minderhoud starten bei dieser WM nicht – das muss man sich mal vorstellen. Haben diese beiden Profis den Anschluss verpasst? Oder bauen sie mit Bedacht eine neue, junge Equipe auf für Paris 2024?

Heute Abend, da die Hälfte des Feldes vorüber ist, gibt’s hier von mir eine aktuelle Zwischenbilanz. Die sieht etwas anders aus als noch am Mittag. Und das ist sie: Im Fußballstadion von Herning, zur Reitarena umgerüstet, sahen nur noch wenige Zuschauer den Ausgang des ersten Grand-Prix-Tages. An der Spitze nach zwei Reitern jeder Nation liegen die  Niederländer vor den Deutschen und den Dänen.

Es darf gestaunt werden: Dinja van Liere aus den Niederlanden zeigte mit Hermes den Ritt des Tages, bekam dafür 78,214 Prozentpunkte. Benjamin Werndl zeigte seinen Famoso wirklich famos, bekam 77,003 Punkte. Carina Krüth, die Dänin, und ihre Danciera lieferten 76,8 Punkte, auf Rang sieben liegen  Ingrid Klimke und ihr Franziskus. Morgen um 11 Uhr folgt die zweite, entscheidende Hälfte des Feldes. Alles ist noch offen, nix ist entschieden. Gegen 20 Uhr wissen wir mehr.

Die genauen Resultate gibt’s unter www.longintiming.comherning.

Einen schönen Samstagabend aus Herning.