Monica Theodorescu, die Bundestrainerin, sieht die Dinge pragmatisch: „Hauptsache, wir haben die Qualifikation für die Olympischen Spiele – das ist das Wichtigste!“ Und Isabell Werth sagte zum Auftakt ihrer siebten WM-Teilnahme: „Wir sind heute nicht enttäuscht, wir sind zufrieden!“ Das bestens besuchte Fußballstadion von Herning tobte, als die Gastgeber ihr erstes WM-Gold im Pferdesport enthusiastisch feierten. Ein historischer Tag für sie. Nach unerwartet starkem Auftritt holten die Briten um Charlotte Dujardin die Silbermedaille. Bronze ging an das deutsche Team – ihre erste Niederlage seit den Weltspielen von 2010 in Lexington/Kentucky.

Nochmal die Bundestrainerin: „Ich bin total glücklich über unsere Leistungen. Alle vier haben top abgeliefert. Wir wussten, dass das hier ein enges Rennen wird.“ Und nochmal Isabell Werth, die mit ihrem Hengst Quantaz gute 77,127 Punkte erritt, was Platz fünf bedeutete im großen WM-Feld der 93 Pferde – das beste deutsche Resultat: „Ich wollte heute nicht zuviel riskieren.“ Schade, dass Frederic Wandres mit seinem Duke of Britain als letzter deutscher Starter die hohen Erwartungen nicht erfüllen konnte: „Es war mir eine große Ehre, als Letzter starten zu dürfen. Mein Traum war es, einmal gemeinsam mit Isabell auf dem Treppchen zu stehen – das ist heute wahr geworden.“ So restlos glücklich sah der gebürtige Südbadener dabei nicht aus, seinem Fuchs fehlten an diesem Nachmittag doch etwas Kraft und Frische.

Rundum zufrieden konnte Benjamin Werndl sein, der mit seinem Furioso 77,003 Punkte erzielt hatte – ein toller Platz sechs im Feld. Danach gestand er offen: „Es macht mir große Freude, meine Schwester zu den Turnieren zu begleiten und ihr zu helfen. Aber es ist doch etwas ganz anderes, wenn man selbst dabei ist und mitreiten kann.“ Und dann sagte Jessicas Bruder noch dies: „Es gibt noch Wichtigeres auf der Welt. Es gibt Probleme, mit denen ich mich befasse. Das hilft mir, die reiterlichen Dinge im Moment etwas lockerer zu sehen.“ Auch Ingrid Klimke war’s zufrieden unter einem besonderen Aspekt: „Für mich mit nur einem Pferd am Start ist das hier wie Urlaub. Ob ich es noch zur WM der Buschreiter nach Pratoni schaffe, wird man sehen. Nächstes Wochenende haben wir den letzten Test in Frankreich.“

Nun zu denen, die diesen Finaltag der Team-WM bestimmten: Anne-Mette Binder, die Equipechefin der Dänen, sagte vor der internationalen Presse: „Wir haben hier in Dänemark vor mehr als zehn Jahren das Projekt 2000 ins Leben gerufen. Jetzt sitzen hier Nanna Rasmussen und Carina Krüth, die beide durch dieses Projekt gefördert wurden. Sie haben heute geholfen, den Titel zu gewinnen. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft!“ Cathrine Dufour und ihr Vamos Amigos hatten mit der Tagesbestnote von  81,864 Punkten den Titel gesichert. Ihr Kommentar: „Ich liebe diesen Druck, wenn es um alles geht. Heute ist für uns ein ganz großer Tag.“

Mit einiger Spannung hatte die Fachwelt den Auftritt von Charlotte Dujardin mit ihrem erst neunjährigen Niederländer Imhotep erwartet. Auf den Tag genau zehn Jahre nach ihrem Olympiasieg von London lieferte Charlotte einen starken Ritt ab, der in die Zukunft weist in Richtung Paris 2024. 77,407 Prozent stützten die Ambitionen der Briten. Beste Reiterin mit Platz zwei in der Einzelwertung war Charlotte Fry mit dem elfjährigen niederländischen Hengst Glamourdale: 80,838 Prozent! Nur diese beiden Pferde kamen über die magische 80-Prozent-Marke.

Wie eng und spannend diese 15. Team-WM verlaufen ist, zeigen die Gesamtresultate der Mannschaften: Vorne mit 235,451 die siegreichen Dänen. Mit 234,223 knapp dahinter die Briten, gefolgt von den deutschen Titelverteidigern mit 230,791. Die Schweden belegten mit 227,142 Platz vier, gefolgt von den Niederländern mit 225,621 Punkten – anders gesagt: Innerhalb von nur zehn Punkten liegen die führenden fünf Teams. Nehmen wir noch die Amerikaner mit ihren 220,000 Punkten dazu, dann haben wir die sechs Equipen, die gestern die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris geschafft haben. Den Spaniern fehlten am Ende nur etwas mehr als vier Punkte, um sich zu qualifizieren. Sie werden Gelegenheit dazu bekommen, wenn es 2023 bei Ludger Beerbaum in Riesenbeck die nächste Dressur-EM gibt.

Und heute: Bei der Einzelkonkurrenz im Grand Prix Spezial geht’s für die punktbesten 30 Pferde aus dem Grand Prix wieder bei null los. Die Favoritin heißt Cathrine Dufour. Aber leicht wird’s für die 30-jährige nicht, denn Charlotte Fry sitzt ihr im Nacken, ebenso die stark reitende Niederländerin Dinja van Liere mit dem zehnjährigen Hengst Hermes. Die Medaillenchancen für Isabell Werth sind schwer einzuschätzen – wenn sie und Quantaz sich steigern können, ein höheres Risiko eingehen, könnte es klappen. Alle vier deutschen Reiter sind dabei. Am Mittwoch in der Kür dürfen nur die besten drei Pferde jeder Nation gesattelt werden. Schaun mer mal!