Die Pferdefreunde aus nah und fern müssen an diesem Samstag allerhand erdulden und ertragen. Namhafte Pferde und Reiter, derentwegen sie nach Aachen gekommen sind, geben den Vorarbeiten auf Paris die Priorität: Littie Fry zeigt ihren Glamourdale heute Abend nicht in der Kür. Sandra Auffarth mit Viamant und Christoph Wahler mit Carjatan haben den Geländeritt unter der Order des Bundestrainers an Hindernis 16 abgebrochen. Chipmunk unter Michael Jung wurde geschont. Und Katharina Hemmers Denoix hat leider seine Scheu vor dem Dressurstadion nicht überwunden.
Reitmeister Hubertus Schmidt und seine Bereiterin Katharina Hemmer hatten den gestrigen Tag dazu genutzt, ihrem Fuchs, der ein phantastisch veranlagtes Pferd ist, an die ihm fremde und ein wenig unheimliche Umgebung zu gewöhnen. Im Spezial, vor noch wenig besetzten Rängen, fing er heute zunächst gut an, zeigte seine überragenden Qualitäten – dieser Fuchs kann Traben für eine Zwölf, wie ich das gerne nenne. Piaffen und Passagen, die Übergänge zwischen beidem, gelingen nahezu perfekt.
Aber gegen Ende lässt er sich in der Piaffe doch wieder ablenken, lädt sich innerliche immer mehr auf – bei der Schlussaufstellung dreht er sich zur Seite. Mehr als 68 Prozent sind nicht drin, dabei könnte dieses Pferd locker und lässig 78 Prozent und mehr bekommen. Ich und viele andere hoffen, dass dieses Pferd mit Geduld und Geschicklichkeit seiner Ausbilder seine Ängstlichkeit langsam aber sicher überwindet, das nötige Vertrauen in seine Kräfte gewinnen wird. Dann hat Deutschland ein Weltpferd mehr. Und das brauchen wir dringend.
Auch im Busch geriet manches für die Zuschauer mit Fragezeichen: Sandra Auffarth mit Viamant und Christoph Wahler mit Carjatan stoppten wie vereinbart am Sprung 16. Sandra hatte da bereits einen Vorbeiläufer, Christoph hatte gestern im Springen zwei Abwürfe. Michael Jung und sein Zweitpferd Kilcandra leisteten sich gestern im Parcours sogar drei Abwürfe.
Stark und Clever hingegen der Auftritt von Julia Krajewski mit Nickel: „Dieses Pferd ist wirklich ein guter Kumpel. Der hat Vertrauen zu mir, macht seine Arbeit, die ich ihm abverlange. Leider hab‘ ich früh vorne links das Eisen verloren, musste also Tempo zurücknehmen, gerade in den Wendungen. Am Ende fehlen mir deshalb ein paar Sekunden. Natürlich bin ich heute angetreten, um zu gewinnen. Wie der Bundestrainer und der Ausschuss das bewerten, liegt nicht in meiner Hand.“
Sagen wir mal so: Für Nickel kämen die Olympischen Spiele womöglich um eine Saison zu früh. Andererseits hat Julia einmal mehr ihre herausragende Qualität als Ausbilderin von Spitzenpferden unter Beweis gestellt. Wenn man sie reiten sieht im Viereck, im Parcours und im Gelände, dann zeigt sich, dass sie eine Strategin ist.
Ich möchte gerade hier und heute nicht in der Haut des Bundestrainers stecken. Bleibts am Ende wirklich bei dem Trio Jung, Wahler und Auffarth? Ich schlage vor: Nickel rein ins Team, Viamant du Matz dagegen raus! Das klingt hart, zugegeben, aber es geht um Olympia. Und da wären wir mit der Olympiasiegerin von Tokio gut aufgestellt!