Ludger Beerbaum zählt zu den Machern eines neuen Reitevents im Olympiastadion der chinesischen Hauptstadt. Fast fünfzig Jahre lang ist „Ecki“ Seeber aus Oggersheim der persönliche Chauffeur von Helmut Kohl gewesen.
Jetzt, mit 73 Jahren, setzt sich Seeber ausnahmsweise wieder hinters Steuer, wenn es auf dem Mannheimer Maimarkt die Reiterprominenz zu fahren gilt – in besonderer Mission: Ludger Beerbaum musste dieser Tage mal eben zum chinesischen Konsulat nach Frankfurt, um sein Visum abzuholen. Heute fliegt der vierfache Olympiasieger in die Stadt der Spiele von 2008. Dort verbindet er das Angenehme mit dem Nützlichen, seinen Sport mit seinen Geschäftsinteressen.
Das große Olympiastadion, das alle Welt als „Vogelnest“ in Erinnerung hat wegen seiner wuchtig-verschlungenen Architektur, haben Beerbaum und seine Partner zum Ort ihres internationalen Springturniers auserkoren: „Natürlich erwarten wir keine 80 000 Zuschauer“, sagt der 48-Jährige, der nicht nur als Profireiter sein Geld verdient, sondern auch als Unternehmer.
„Den Innenraum nutzen wir gleichzeitig als Trainings- und als Turnierplatz, außen herum stehen die VIP-Zelte. Ein Großteil der Tribünen wird abgehängt, damit es nicht gar so leer aussieht.“
Und die Pferde? „Nein, nein“, winkt Ludger Beerbaum ab, „unsere Pferde können wir nicht mitnehmen, die Einfuhrgesetze der Chinesen verbieten das.“ Deshalb habe er vor mehr als einem Jahr zwei Dutzend Vierbeiner nach Peking verkauft – junge Profis und Pfleger aus seinem Stall in Riesenbeck versorgten und trainierten die Tiere in der Nähe der chinesischen Hauptstadt. Regelmäßig fliegt sogar Beerbaums Hufschmied ins Reich der Mitte, um die Pferde aus deutscher Zucht fachgerecht zu beschlagen.
„Das Interesse der Chinesen, talentierte Springreiter mittel- und langfristig in den Spitzensport zu führen, ist groß“, sagt Beerbaum. Mancher aus der rasant wachsenden Oberschicht greife dafür tief in die Tasche. Der mit Abstand erfolgreichste deutsche Springreiter ist weltweit ein gefragter Pferdehändler und Hengsthalter. Also stellt er sich mit Geschick und Weitsicht auf die Globalisierung ein, die den Pferdesport längst erfasst hat.
„Noch verdienen wir in China nicht die ganz große Kohle“, sagt der clevere Geschäftsmann. Deshalb habe er sich zunächst einmal mit nur zehn Prozent an der Firma beteiligt, die das Reitevent in Peking auf die Beine stellt. Das Turnier sei auf fünf Jahre vertraglich gesichert, der Schweizer Uhrenkonzern Longines engagiere sich als Hauptsponsor, Geld komme auch von Mercedes-Benz und der Deutschen Bank. Das Turnieretat betrage immerhin zwei Millionen Euro.
Ludger Beerbaum reist natürlich nicht allein. Zwanzig Topstars der Weltelite fliegen mit, um sich auf den Leihpferden zu messen, darunter Europameister Bengtsson, Exweltmeister Lansink, Olympiasieger Dubbeldam, dazu Beerbaums „Stalljockey“ Marco Kutscher sowie Marcus Ehning und Christian Ahlmann. „Natürlich sind die Hindernisse in Peking nicht so hoch wie hier in Europa, die Parcours nicht so schwer, wie wenn wir mit unseren Toppferden antreten würden“, sagt Beerbaum.
Bei der Turnierpremiere vor einem Jahr hat ihn eines der Tiere in hohem Bogen abgeworfen – der Gefoppte nimmt’s noch immer mit Humor. Im Übrigen gebe es Gespräche mit den Chinesen, ihre strengen Einfuhrregeln, die für Pferde sechzig Tage Quarantäne verlangen, so zu lockern, dass die Spitzenreiter aus Europa – womöglich schon 2013 – ihre Klassepferde mit nach Peking bringen können und gleich nach dem Event wieder mit nach Hause.
Und Olympia in London? Der kurze Ausflug nach China bringt Ludger Beerbaum nicht aus dem Konzept. „Ich setze auf meine Stute Gotha und bereite mich gewissenhaft vor“, versichert der Mann, für den es die siebten olympischen Spiele wären – ein Rekord im deutschen Springsport. HG Winkler, die Reiterlegende, hat es auf sechs Spiele gebracht. Doch Ludger Beerbaum ist im Geschäftlichen wie im Sportlichen ein Realist:
„Als amtierender Welt- und Europameister gelten wir als die Favoriten. Aber es wird so schwer wie noch nie, in London eine Medaille zu gewinnen.“ Er werde alles daran setzen, „meine letzte Chance auf eine Olympiateilnehme zu nutzen.“