Tokio im Oktober 1964. Der Geländetag der olympischen Military. Mir fehlt, offen gesagt, die Vorstellungskraft für das, was damals von Pferden und Reitern zu bewältigen war – die Military jedenfalls trug ihre Bezeichnung keineswegs zu Unrecht.

Allein die technischen Daten der Strecke jagen uns heute, fast fünfzig Jahre danach, einen kalten Schauer über den Rücken. Hier die Fakten: Es begann mit einer Wegestrecke über 6000 Meter, im Trab zu reiten. Es folgten 3600 Meter Rennbahn, natürlich im gestreckten Galopp. Die folgende Wegestrecke war 13 920 Meter lang. Dann ging’s um den eigentlichen Cross: 7200 Meter mit 31 Hindernissen. Schließlich der sogenannte Ausgalopp über 1980 Meter. Das sind, summa summarum: 32,7 Kilometer! Kein Irrtum und schon gar kein Witz: 32,7Kilometer!

Und das alles auf 950 Meter Höhe. Dazu regnete es in Strömen. Zum Vergleich: Der Geländekurs in Tokio 2021 geht über rund 4000 Meter, zu reiten in acht Minuten, sofern man ohne Strafpunkte bleiben möchte.
Aus den Annalen wissen wir übrigens, dass es bereits 1964 eine Quarantäne für die Pferde gab, die zwei Wochen vor Beginn der Spiele in Tokio eintrafen. Diese Quarantäne fand in Yokohama statt; die Anfahrt zur Geländestrecke dauerte etwa fünf Stunden über holprige Straßen – so jedenfalls schildert es der Schweizer Journalist Max Ammann in seiner „Geschichte des Pferdesports“, erschienen 1976.

Selbstverständlich möchten nun alle wissen, wer denn im Oktober 1964 die großen Sieger waren: Gold gewann der Italienische Offizier Mauro Checcoli auf Surbean vor dem Argentinier Carlos Moratorio auf Chalan und unserem unvergessenen Fritz Ligges auf Donkosak. Teamgold ging an die Italiener vor den Amerikanern und vier deutschen Reitern: Fritz Ligges auf Donkosak, Horst Karsten auf Condora sowie (eine Besonderheit der damaligen Zeit) den beiden DDR-Reitern Gerhard Schulz auf Balza und Karl-Heinz Fuhrmann auf Mohamet.

Was steckte dahinter? Nun, 1964 startete bei den Spielen von Tokio eine gesamtdeutsche Mannschaft, die sich in den sogenannten Ost-West-Ausscheidungen gebildet hatte, wohlgemerkt nicht nur im Reiten, sondern in allen Sportarten. In einem späteren Blog werde ich darauf zurückkommen und an einen Springreiter erinnern, der damals Gold gewann, heute jedoch nahezu vergessen ist: Kurt Jarasinski aus Holstein.