Eine Spezialfirma aus dem Ruhrpott transportiert die vierbeinigen Athleten nach Rio. Im Gepäck auch viele Kisten Apfelsaft.

Vater Joachim Jung ist allerbester Laune: „Unser 16-jähriger Sam ist topfit, wir haben jetzt die offizielle Starterlaubnis für die Spiele, nachdem wir unseren Takinou leider daheim lassen müssen. Am Samstag fliegen unsere Pferde von Lüttich aus an den Zuckerhut. Carmen Thiemann, die erfahrene Pflegerin der Pferde von Ingrid Klimke, begleitet den Transport.“

Ja wie jetzt? Pferde fliegen mit dem Flugzeug um die Welt? Der Laie staunt, selbst der Fachmann wundert sich mitunter. Isabell Werth, die ihre fünften Spiele vor Augen hat und in Rio ihr sechstes Gold anstrebt, klärt auf: „Unsere Dressurpferde fliegen am nächsten Montag, auch von Lüttich aus. Ich werde selbst mitfliegen wie schon 2008 zu den Reiterspielen nach Hongkong, kümmere mich persönlich um meine Stute Weihegold, ebenso um die anderen deutschen Pferde: Desperados, Cosmo, Showtime und Imperio, unser Ersatzpferd.“

In den großen Frachtmaschinen, so weiß Isabell Werth, „stehen die Pferde zumeist besser und ruhiger als in unseren Transportern auf der Autobahn“. Es gebe für sie während des fast zwölfstündigen Fluges Wasser, Heu und Spezialfutter. Starts und Landungen erfolgten so flach wie irgend möglich – im Cockpit säßen erfahrene Piloten.

Der Mann, der das alles organisiert und mit seinen Teams abwickelt, heißt Martin Atock (53), hat als gebürtiger Ire für sein Land als junger Buschreiter Erfolge gefeiert, führt seit 1988 die väterliche Spezialspedition „Peden Bloodstock“ mit Sitz in Mühlheim/Ruhr. Seit den Spielen von Montreal vor genau vierzig Jahren fliegen die weltbesten Pferde mit ihm zu den Olympischen Spielen. Er sagt:

„Zunächst werden die Pferde mit dem Lastwagen zum Flughafen nach Lüttich gebracht, wo wir Stallungen für 55 Pferde vorhalten. Dann werden sie in Flugcontainer verladen: immer zwei bis drei zusammen. Diese Container sind drei Meter lang, 2,30 Meter breit und 2,30 Meter hoch. Wie ganz normale Fracht werden die in den Cargo-Jumbo gehoben und darin festgemacht.“

Jederzeit sei es während des Fluges möglich, die Pferde zu betreuen, 44 passten in eine Maschine. Die Temperatur im Flieger betrage 17 bis 18 Grad – wie im normalen Passagierflugzeug. Insgesamt transportiere sein Unternehmen in den kommenden Tagen und Wochen an die 300 Pferde aus 49 Nationen nach Rio und wieder zurück. Was das Flugticket pro Vierbeiner kostet, dazu äußert sich der Spediteur nicht – schätzungsweise zwischen zehn- und fünfzehntausend Euro.

Seit 1947 existiert Peden Bloodstock, bringt in diesen Jahrzehnten bis heute nicht nur Pferde per Flugzeug über die Kontinente, sondern auch per Schiff und Eisenbahn. Martin Atock: „Dass Pferde in Flugzeug reisen, ist schon lange nichts Besonderes mehr. Fast täglich bringen wir Turnierpferde, Galopper und Traber, Schau- und Zuchtpferde in alle Welt.“ Übrigens nicht nur Pferde, sondern, wenn es sein müsse, auch Elefanten und andere Tiere.

„Meine versierten Mitarbeiter begleiten jeden Flug, auf den Reisen nach Rio sind außerdem einzelne Reiter mit an Bord, aber auch Pferdepfleger der Cracks und natürlich Tierärzte.“

Insgesamt gingen in den nächsten Tagen von Lüttich aus sieben Flüge nach Brasilien und zurück, am 7. August kämen die fünf deutschen Springpferde mit an Bord. Am 3. September folgten vier Pferde für die Behindertenreiter, die an den Paraolympischen Spielen teilnehmen. Am Flughafen von Rio wartet der westfälische Spediteur Fritz Johannsmann mit drei Trucks, die man im Frühjahr per Schiff dorthin gebracht hat; der Mann aus Steinhagen fährt die Millionen teuren Tiere direkt zu den olympischen Stallungen im Stadtteil Deodoro.

Nicht zu vergessen, auch 160 Tonnen Equipment müssen per Flugzeug nach Rio gebracht werden: die gesamte Ausrüstung für die Pferde, die Reiter, die Pfleger, die Hufschmiede und die Tierärzte – ein logistischer Kraftakt. Mit zur Fracht zählt das gesamte Futter für die empfindlichen Hochleistungspferde, darunter sind auch diverse Kisten Apfelsaft. Wozu denn ausgerechnet Apfelsaft? Den bekommen nicht etwa die Reiter, sondern die Pferde – genau gesagt: Der Apfelsaft wird ins Tränkewasser gemischt, damit das für die Pferde immer gleich schmeckt und riecht. Denn es kommt nicht selten vor, dass die empfindlichen Pferdenasen fremdes Wasser erst einmal heftig verschmähen.