Die Zahlen sind hoch, verwirrend und beängstigend zugleich. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat 27 Millionen Mitglieder. Das war der Stand zum 1. Januar 2021 – also vor elf Monaten. Im Pandemiejahr 2020 hatte die Organisation 2,85 Prozent an Mitgliedern verloren – das waren 792 119 Menschen.

Die höchsten Einbußen gab’s im Bereich von Kindern und Jugendlichen. Kein Wunder, denn viele Sportvereine – nicht nur in der Reiterei – mussten ihre Anlagen über Monate hinweg schließen. Klar, dass viele Eltern ihre Schützlinge abgemeldet haben, denn nicht alle können es sich leisten, die Mitgliedsbeiträge einfach so den mehr und mehr finanziell notleidenden Vereinen zu überlassen.

Interessant zu sehen sind in der Rückschau auch diese Zahlen: Die olympischen Spitzenverbände verloren 2020 sogar 3,11 Prozent an Mitgliedern; sie hatten zum Jahreswechsel 2020/21 nahezu 22, 6 Millionen Mitglieder. Die 16 deutschen Landessportbünde verloren im zurückliegenden Jahr sogar 3,53 Prozent an Mitglieder, hatten zum Jahreswechsel 23,377 Millionen Mitglieder.

Jetzt zur Reiterei: Aus Warendorf meldet die FN einen Verlust von zwei Prozent in 2020, exakt 13 837 Personen. Man sei, so heißt es in der aktuellen Stellungnahme „noch recht gut durch die Pandemie“ gekommen. Allerdings seien durch den Verlauf des Jahres 2021 mit erneutem Lockdown „weitere Verluste zu befürchten“.

Sönke Lauterbach, der FN-Generalsekretär, lässt sich mit folgendem Satz zitieren:

„Hilfreich ist aber, dass wir nicht nach Gründen für den aktuellen Rückgang suchen müssen, da er durch die Pandemie zu erklären ist.“

Er hoffe, dass zumindest ein Teil der Mitglieder, die wegen Corona ausgetreten sind, in diesem Jahr 2021 wieder eingetreten sind oder dies nach der Pandemie noch tun.

Ist die Pandemie wirklich an allem schuld? Ich meine: Ganz so leicht dürfen wir es uns nicht machen! Denn bereits in den Jahren vor der Pandemie haben unsere Reitervereine zwischen Flensburg und Garmisch Mitglieder verloren – mal mehr, mal weniger, wenn man auf die Jahre schaut.

Die Reiterei hat, daran führt kein Weg vorbei, an Attraktivität eingebüßt, verbunden mit der Tatsache, dass es in vielen Bundesländern verstärkt Schulunterricht am Nachmittag gibt, sodass für einen Großteil der Kinder und Jugendlichen die Zeit für den aktiven Sport immer weniger wird. Pädagogen aus dem schulischen Bereich sowie aus dem Bereich des Sports bemängeln dies seit langem und warnen vor den negativen Folgen.

Und auch dies gilt es zu bedenken, wenngleich das viele in unserem Sport nicht gerne hören: Der Leistungssport, zumal auch der Spitzensport, haben erheblich an Faszination und Akzeptanz eingebüßt. Die krassen Fehlentwicklungen im Profifußball beispielsweise führen aktuell dazu, dass selbst jetzt, nach dem (vermeintlichen) Ende der Pandemie gar nicht mehr so viele Fans in die Stadien zurückkehren möchten – in den Profivereinen, die finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen – läuten die Alarmglocken.

Dort ahnt man auch, dass groteske Ablösesummen einerseits, die zynische Abzocke des TV-Zuschauers andererseits, viele Sportfreunde vergrault. Auch der Sport mit den Pferden stößt international auf sinkendes Interesse.

Was muss die Reiterei tun, um möglichst bald wieder Zuwächse zu verzeichnen? Unsere Vereine müssen für sich und ihre Angebote verstärkt werben! Dazu braucht’s Idee, ehrenamtliches Engagement und, ja, es braucht dazu auch Geld, um diese Ideen in die Tat umzusetzen. Von Wartelisten voller Reitschüler und/oder Pferdebesitzern, die gerne kommen würden, sind wir meistenorts weit entfernt.

Wir müssen, so fürchte ich, vielerorts wieder ziemlich weit unten anfangen: Gestandene Mitglieder müssen neue Mitglieder werben! Die Reiterjugend muss ihren Freundeskreis neugierig machen. Tage der offenen Tür, ein zwar altes, aber doch probates Mittel, können hilfreich sein. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit müssen kräftig intensiviert werden.

Es soll ja, nebenbei bemerkt, sogar Vorstände geben, die es gar nicht so schlecht finden, wenn es in ihrem Verein respektive Betrieb weniger hektisch zugeht. Nun ja, nicht alle haben erkannt, wohin die Dinge sich im schlechtesten Fall entwickeln könnten. Nein, wenn unsere Vereine weiter an Mitgliedern verlieren, wenn auch die privaten Reitbetriebe nicht mehr rentabel geführt werden können, dann geht’s in absehbarer Zeit ans Eingemachte, besser gesagt, an die Existenz!

Ich sag’s hier mal ganz salopp: Wenn der Letzte das Licht im Stall und in der Reitbahn ausgemacht hat – dann ist es zu spät!