Mancher mag es für einen Paukenschlag halten – mich persönlich überrascht es allerdings nicht: Wer auf der Internetseite von escon-marketing unter dem Stichwort „CHI Donaueschingen“ ganz genau auf das Kleingedruckte achtet, der findet diesen entscheidenden Satz: „2023 findet das 66. Turnier in Donaueschingen nicht statt.“ Mit anderen Worten: Die Ära des Ausrichters Kaspar Funke ist beendet – im Spätsommer 2024 übernehmen, wie wiederholt berichtet, Mathias Alexander Rath und sein Team die Turnierleitung auf der Baar. 

Die lange Geschichte dieses so traditionsreichen Turnier im Schlosspark von Donaueschingen beginnt anno 1954 mit einem ländlichen Reitertag auf den fürstlichen Viehweiden beim alten Schafstall. 1965 reitet man an der Donauquelle erstmals international. 1976 gibt’s die ersten deutschen Meisterschaften, 1977 glänzt Donaueschingen mit der EM der Viererzüge – ein Meilenstein für den internationalen Fahrsport. Seit der EM von 2019, die ein gemischtes Echo hinterlassen hat, hat es kein Fahren mehr gegeben – jetzt höre ich aus dem Lager der Fahrer, dass sie 2024 wieder willkommen sein werden. Die Freude ist groß. Michael Brauchle hatte am Rande des German Masters 2022 auf meine Frage nach der Zukunft des Fahrens in Donaueschingen wörtlich gesagt: „Wir setzen uns sehr dafür ein. Und wir haben unsere Beteiligung im Schlosspark noch keineswegs abgeschrieben.“

1986 erlebt dieser Schlosspark seinen historischen Höhepunkt: Weil in der Aachener Soers die Springreiter-WM ausgetragen wird, vergibt das DOKR das deutsche CHIO-Turnier nach Donaueschingen. Es geht also um Springen, Dressur und Gespannfahren. In den Folgejahren bekräftigt  Donaueschingen seinen international guten Ruf als Ausrichter mit diversen großen Titelkämpfen für die Nachwuchsreiter. Nächster Höhepunkt ist 2003 die Springreiter-EM mit dem Sieg von Christian Ahlmann und der deutschen Equipe.

Danach wechselt die Turnierleitung von Gotthilf Riexinger und seinem Team zu escon-marketing mit Kaspar Funke an der Spitze. Torsten Frei (CDU), damals Oberbürgermeister, sorgt politisch für diesen Wechsel. Funke wandelt das Konzept des Turniers vom internationalen Spitzensport hin zu einer Ausschreibung mit mehr Prüfungen in der Breite; die Vereine aus der Region werden einbezogen, die Turnieranlage geöffnet. Funke kreiert als Werbeaktion für die Reitertage auch einen bunten Umzug durch die Metropole der Baar zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb.

Mit den Corona-Jahren gerät das Traditionsturnier allerdings unter ökonomischen Druck. Kaspar Funkte sieht sich genötigt, das Turnier nur für die Dressurreiter auszuschreiben in einem kompakten Stadion unmittelbar an der Brigach. In diesem Jahr 2023, das war lange klar, würde Funkes Vertrag mit der Stadt und der Turnier-GmbH auslaufen. Deshalb schrieb man auf der Baar die Ausrichtung es -Turniers vom Jahr 2024 an völlig neu aus. Die Gemeinsamkeiten mit Kaspar Funke schienen aufgebraucht.

Am 22. November habe ich in Borgmann’s Blog über die neue Weichenstellung als Erster berichtet: Zwar hatte sich Kaspar Funke an dem neuerlichen Bewerbungsverfahren beteiligt, wurde jedoch in den nichtöffentlichen Beratungen gar nicht berücksichtigt. Das erste Anzeichen dafür, dass seine Ära auf Deutschlands höchstgelegenen Turnierplatz endet. Wenig später wurde es öffentlich: Matthias Alexander Rath und sein Team aus Kronberg bei Frankfurt hatten die Donaueschinger überzeugt, bekamen von ihnen den Zuschlag und das Vertrauen. Wie zu erfahren war, hatten sich unter anderen auch die bayerische Familie Blum, Ausrichter des Maiturniers in Riem, sowie die Reiterfamilie Landsberg aus Balve im Sauerland, Ausrichter der Deutschen Meisterschaften, an der Ausschreibung beteiligt.

Wie ich heute höre, sollen die Dressuren 2024 auf dem bisherigen Fahrplatz stattfinden. Die Fahrer wiederum ziehen um in die Nähe des Dressurstadions an der Brigach. Matthias Rath hatte eigentlich gehofft, er könnte an alte Traditionen anknüpfen und die Dressuren wieder vor dem Stammschloss der Familie zu Fürstenberg ausrichten. Daraus wird wohl nichts werden. Man erinnert sich: 1991 gewann Isabell Werth auf ihrem Gigolo die wegen des Jugoslawien-Krieges kurzfristig dorthin vergebene Dressur-EM. Prinzessin Anne, damals FEI-Präsidentin, flog mit dem Hubschrauber ein. Leuchtende Tage. Später jedoch verwies Fürst Heinrich zu Fürstenberg die Dressurreiter seines Parks. Das war schade.

Ob sich Kaspar Funke in den nächsten Tagen zu seiner Absage für dieses Jahr persönlich äußert, wird man sehen. Die Hoffnung mancher Fans des Turniers, man werde noch in diesem Spätsommer die Premiere des neuen CHI erleben, ist gewiss vergebens. Auch erfahrene Turnierveranstalter wie Matthias Rath und sein Team brauchen ein gutes rundes Jahr, um alle Bereiche auf den kritischen Prüfstand zu stellen. So ein Neubeginn ist schließlich keine Kleinigkeit. Ich drücke jedenfalls die Daumen! Die gute Nachricht dieses Tages ist: Eines der wichtigsten deutschen Turniere, eines der hoch angesehenen in Europa, steuert einer guten Zukunft entgegen!