Krise! Welche Krise? Seit gut einem Jahr blickt man an der Mercedesstraße, wo die Hanns-Martin-Schleyerhalle steht, mit Bangen dem Wochenende vom 15. bis 19. November entgegen. Der Grund: Zeitgleich gibt’s in Prag das mit Preisgeldmillionen ausgestattete Finale der Global Champions Tour. Also bleiben wohl allerhand Topreiter dem 37. German Masters fern. Doch knapp vier Wochen vor dem schwäbischen Masters erscheinen mir die Sorgen eher unbegründet. Dieser Tage meldete die veranstaltende In.Stuttgart den Verkauf von gut 30 000 Tickets. 50 000 Besucher sollten es am Ende auch 2023 wieder sein. Ich meine, die Chancen, das Klassenziel zu erreichen, stehen nicht so schlecht.

Zwischen den aktuellen Weltcupturnieren von Oslo und Helsinki kam kein Geringerer als Steve Guerdat, der neue Europameister von Mailand, nach Stuttgart eingeflogen, um sich im Casino des Reitervereins Bietigheim-Bissingen der Presse zu stellen. Zitat: „Nix gegen meine anderen Pferde, die ich geritten habe, aber meine Siegerstute Dynamix de Belheme ist für mich das beste Ross, das ich je geritten habe. Sie ist einfach noch ein wenig spezieller als die anderen.“ 2017 siegte Steve auf Hannah zum ersten Mal im Stuttgarter Weltcupspringen, vergangenes Jahr war er Zweiter hinter Richard Vogel und United Touch. Ob Steve heuer sein Nummer-Eins-Pferd mitbringt, bleibt vorerst offen.

Gleiches gilt etwa für Richard Vogel, der an den Neckar kommen möchte, ebenso für Hansi Dreher, der 2013 den Großen Preis von Stuttgart gewann. Mit von der Partie sind auch Gerrit Nieberg, Julien Epaillard und Yuri Mansur, der heuer in Aachen den Preis von Europa gewann. Paul Schockemöhle sagte kürzlich, Yuri Mansurs Pferd sei für ihn aktuell eines der besten der Welt. Nennungsschluss für Stuttgart ist erst Ende Oktober. Es dürfte sich also noch einiges tun.

Auf dem Dressurviereck wird Isabell Werth einmal mehr alle Blicke auf sich ziehen. In der Schleyerhalle hat sie traditionell ein Heimspiel: 16-mal siegte sie im Masterfinale, erstmals 1996 mit Gigolo, neunmal in der Kür, erstmals ebenfalls 1996, damals mit Anthony. Das Masterfinale 2022 sicherte sich Matthias Rath mit Destacado, die Kür ging an Ingrid Klimke mit ihrem Franziskus. Aus der Turnierleitung verlautet, dass Dorothee Schneider und Fabienne Müller-Lütkemeier fest vorhaben, zum Masters 2023 zu kommen.

Und alle rechnen fest damit, dass Matthias Rath nach seinem Masterserfolg von 2022 auf Destacado heuer womöglich auf Toppferd Thiago antreten wird. Monica Theodorescu, die Bundestrainerin, hat bekanntlich ein Faible für Stuttgart – sie sieht es jedenfalls gerne, wenn ihre Kaderreiter dort antreten.  Was Jessica von Bredow-Werndl vor hat, das wissen wir noch nicht: Vergangenes kam sie mit Pferden aus der zweiten Reihe und ritt erhaben hinterher. Da fällt mir spontan ein: Wo bleibt eigentlich ihr Bruder Benjamin mit seinem Famoso?

Mehr als nur ein Stammgast ist bekanntlich Michael Jung. Heuer hat er die Chance, den Hallen-Geländeritt zum zehnten Male für sich zu entscheiden. Michael siegte 2005 zum ersten Male in diesem erst 2002 begründeten Wettkampf. Sein einziger Sieg auf dem legendären Sam datiert übrigens aus dem Jahr 2008. Das übrige Starterfeld ist noch nicht bekannt. Ganz anders liegen die Dinge bei den Fahrern, die schon seit vielen Jahren in Stuttgart und anderswo für ausverkaufte Ränge sorgen. Am Start in ihrem Weltcup sind Topstar Boyd Exell, dazu Isbrand Chardon und Koos de Ronde, Jerome Voutaz, Mareike Harms und natürlich Lokalmatador Michael Brauchle von der Ostalb.

Schließlich dies: Was mittel- und langfristig aus der Terminkollision zwischen Stuttgart und Prag wird, vermag ich aktuell nicht zu sagen. Schade jedenfalls, dass Jan Tops mit seiner Terminplanung für die Global Tour offensichtlich keinerlei Rücksicht (mehr) auf andere nimmt. Notfalls müssen die Stuttgarter schauen, dass sie ein anderes Wochenende finden, um ihr German Masters im Dschungel der Termine besser zu platzieren. Während dessen legt die FEI, die früher für eine faire Terminverteilung sorgte, die Hände in den Schoß: Sollen die internationalen Veranstalter halt sehen, wie sie untereinander klarkommen.

Mehr Info unter www.stuttgart-german-masters.de