Für Monica Theodorescu gibt’s in diesem Jahr noch etwas zu feiern: Am 1. Oktober 2012 hat sie ihr Amt als Bundestrainerin der Dressurreiter angetreten – also vor einem Jahrzehnt. Die 59-Jährige ist heute die mit Abstand erfolgreichste Nationaltrainerin der Welt. Chapeau! Ob sie bereits Mitte August einen Grund hat, kräftig zu feiern, werden wir sehen: Bei der WM in Herning könnte es eine Niederlage gegen die Gastgeber geben. Die Bundestrainerin sagt jetzt ganz cool: „Es ist gut, dass auch mal andere eine Chance haben!“
Für die Spätgeborenen sei hier daran erinnert: Monica Theodorescu, Jahrgang 1963, hat 1988, 1992 und 1996 Teamgold bei Olympia gewonnen. Hinzu kommen Titel und Medaillen bei Welt-, Europa- und Deutschen Meisterschaften. 1993 und 1994 siegte sie im Weltcupfinale. Ob im Sattel oder als Trainerin – sie hat stets die Ruhe weg. Im Gespräch mit dem CHIO-Pressechef Niels Knippertz sagte sie jetzt im Vorfeld des Traditionsturniers in der Soers: „Natürlich werden wir immer als Favorit gehandelt. Aber ganz ehrlich: Sollte das mal nicht so sein, finde ich das auch nicht so schlimm.“ Das nenne ich Größe, obwohl ich weiß, dass sie alles daran setzen wird, in der Soers die Nationenwertung wieder zu gewinnen.
Apropos gewinnen. Beim Blick auf die ewige Siegerliste zeigt sich die haushohe Überlegenheit der deutschen Equipen seit Menschengedenken, genauer gesagt seit 1977. Damals hat man die Mannschaftswertung auf dem Dressurviereck eingeführt. Die erste Niederlage gab’s übrigens erst 2005 gegen die Niederlande, weitere Niederlagen gegen die Holländer folgten 2009, 2010 und – besonders ärgerlich – bei der EM in der Soers, wo es nach dem Eklat um Totilas nur Bronze gab. In diesem Jahr könnte es eine Niederlage gegen die Dänen geben, denn die vielzitierte Papierform spricht für die Gastgeber der WM im August.
Für Monica Theodorescu ist soviel klar: Kampflos wird sie den WM-Titel, den sie zuletzt 2018 in Tryon/USA gewonnen hat, nicht abgeben oder gar herschenken. Sie sagt: „Wir haben definitiv ein sehr gutes Team. Das sind tolle Reiter, die zuletzt bei den Deutschen Meisterschaften in Balve starke Leistungen gezeigt haben. Natürlich hoffe ich, dass wir unsere erfolgreiche Geschichte im Nationenpreis weiterschreiben können.“ Und dann sagt sie noch, was man schon weiß, wenn man sie etwas näher kennt: „Es sind ja auch viele Nachwuchsreiter da, da möchte ich auch schauen, wie die sich so schlagen.“ Monica Theodorescu arbeitet wirklich akribisch, ist sich für nichts zu schade. Hut ab!
Alle Reiterwelt weiß, dass Jessica von Bredow-Werndl im August zum zweiten Male Mutter wird, die nacholympische Saison widmet sie der Familienplanung. Gut so! Es gibt ja wirklich noch wichtigere Dinge im Leben als das Reiten. Also sieht die deutsche Equipe, wie schon berichtet, so aus: Isabell Werth, die die Einzelwertung von Aachen bereits 14mal gewonnen hat, zuletzt vor einem knappen Jahr mit Quantaz. Benjamin Werndl mit Famoso und Ingrid Klimke mit Franziskus treten erstmals für Deutschland im großen Dressurpreis an, Frederic Wandres und sein Duke of Britain haben vor einem Jahr debütiert im siegreichen Team; ich hatte ihm versehentlich das Debüt erst in diesem Jahr zugetraut. Mein Fehler!
Hauptgegner sind also die Dänen mit Daniel Bachmann Andersen, Catherine Dufour, Carina Krüth und Nanna Merrald. Was diese vier können, das wissen wir – ob sie’s auch unter Druck im ausverkauften Deutsche-Bank-Stadion können, oder im August vor heimischer Kulisse in Herning, das wird sich zeigen. Denn soviel ist im Spitzensport sicher: die Papierform ist das eine, die Realität auf dem Viereck das andere. Für die Dänen spricht die jugendliche Frische und die Kampfeslust, für unsere Mannschaft sprechen die Erfahrung und die Fähigkeit, wenn’s drauf ankommt immer noch eine Schippe drauflegen zu können. Spannende Tage in der Soers sind garantiert.