Für Andreas Helgstrand, den dänischen Dressurausbilder, Pferdehändler, Medaillengewinner und langjährigen Vorzeigereiter kommt es knüppeldick. Undercover hat ein dänischer TV-Sender zwei lange Dokumentationen veröffentlicht, in denen die rücksichtslose Trainingsarbeit mit den Pferden offenbar wird. Es geht aber auch um Betrugsvorwürfe, um den rüden Umgang mit dem Personal, um eine lange Reihe von persönlichen Vorwürfen aus dem vergangenen Jahrzehnt. Der Fall Helgstrand wird vor Gericht landen, seine Geschäftspartner, darunter Ludger Beerbaum, Patrick Kittel, Mark Belissimo sowie der niederländische Hedgefond Waterland sitzen mit im Boot. Kittel hat sich bereits von Helgstrand distanziert. 

Während des German Masters vor gut einer Woche hat Andreas Helgstrand im Gespräch mit Journalisten versucht, zu retten, was noch zu retten wäre. Zu dieser Zeit kannte man allerdings die seit Wochen angekündigten TV-Dokumentationen noch nicht, sie wurden erst am 22. November in Dänemark ausgestrahlt und via Internet zugänglich. Helgstrand hatte erfolglos versucht, die Ausstrahlung gerichtlich zu verhindern.

Helgstrand räumt in einer schriftlichen Stellungnahme folgendes ein: „Wir können nicht leugnen, dass das hier passiert ist. Und wenn wir sehen, dass Fehler gemacht worden sind, werden wir sie natürlich korrigieren. Wir müssen aus der Kritik, die an uns herangetragen wird, lernen und uns weiterentwickeln. In diesem Fall haben wir genau das getan. Als Ergebnis haben wir unsere Richtlinien für das Wohlergehen der Pferde und das Reiten, unsere Geschäftspraktiken und unsere Mitarbeiterbedingungen verbessert.“

Bereits im Vorfeld hat der dänische Reiterverband Andreas Helgstrand aus seinem Spitzenkader gestrichen, sein Vater Ulf, seit 2003 Vorsitzender der dänischen FN, hat sich vom Verband beurlauben lassen. Bereits seit Jahren standen Helgstrand, seine Mitarbeiter sowie die geübten Praktikten bis hin zum Geschäftsgebahren beim Pferdehandel in der Kritik. Zum Betrieb von Andreas Helgstrand in Dänemark, Deutschland und den USA gehören nach eigenen Angaben mehr als 130 Mitarbeiter, der Pferdebestand liege bei 700.

Auf der Springreiter-EM 2021 in Riesenbeck hat sich der niederländische Hedgefond Waterland den Medien vorgestellt. Damals gab Ludger Beerbaum bekannt, dass er mit seinen Beerbaum Stables in die von den Niederländern neu gegründete Global Equestrian Group einsteigen werde, Gleiches gab Andreas Helgstrand für sein Unternehmen Helgstrand Dressage bekannt. Mit im globalen Boot sitzt der Amerikaner Mark Belissimo, Besitzer des weltbekannten Reiterzentrums von Wellington/Florida sowie des Equestrian Center von Tryon, Austragungsort der letzten Weltreiterspiele in South Carolina 2018.

Wie geht es nun weiter? Die Fakten sind offenkundig, die Wogen gehen hoch. Andreas Helgstand muss mit einem Gerichtsverfahren wegen Tierquälerei rechnen. In den kommenden Tagen und Wochen, da bin ich ganz sicher, werden weitere Vorwürfe gegen ihn und sein Team erhoben werden. Selbst wenn rein juristisch die Unschuldsvermutung zu betonen ist, so lässt sich doch soviel sagen: Die Misshandlung von Pferden durch den groben bis brutalen Einsatz von Schlaufzügeln, Sporen und Zäumung in seinem Verantwortungsbereich kann Andreas Helgstrand nicht verborgen geblieben sein.

In seinem Reitbetrieb stimmen die Grundsätze nicht: Demut und Anstand gegenüber der Kreatur, fairer Umgang mit den Angestellten, Seriosität gegenüber den internationalen Kunden. Wer einen Reit- und Handelsbetrieb mit Pferden führt, der muss einen Kodex haben: Es gibt Dinge, die tut man einfach nicht!

Andreas Helgstrand hat sich selbst, seinem Unternehmen, aber auch den ihm anvertrauten Mitarbeitern sowie seinen Geschäftspartnern schwer geschadet. Schwer geschadet hat er auch dem internationalen Reitsport. Die Vermutung liegt für mich nahe, dass er für seine Verfehlungen bezahlen muss – im doppelten Sinne: Sein Handelsgeschäft sehe ich in seinem Bestand gefährdet, denn wer mag ihm in der jetzigen Situation noch Pferde abkaufen oder auch verkaufen mit gutem Gewissen? Sein Ruf ist endgültig dahin! Ich bin gespannt, ob wir in den nächsten Tagen eine öffentliche Reaktion von Ludger Beerbaum, Mark Belissimo und den Managern des Waterland Fonds bekommen werden.

Der Fall Helgstrand fängt gerade erst an.