Dieses verschneite Advents-Wochenende beginnt mit einer schlechten Nachricht: Axel Milkau, der umtriebige Turniermacher, sagt per Pressemitteilung „seinen“ „Classico“ in Braunschweig für 2024 ab. 2025 soll es das traditionelle Hallenturnier wieder geben. Stand heute, wohlgemerkt. In Milkaus Begründung für die Absage kann man zwischen den Zeilen allerhand kritische Untertöne herauslesen. Stichwort: Der Pferdesport im Wandel – nicht überall zu seinem Besten! 

Vor einer halben Stunde hat Axel Milkaus Absage per Mails die Runde gemacht. Darin heißt es wörtlich: „Nach zwanzig erfolgreichen Turnierauflagen lassen die Umstände im März 2024 kein Turnier zu. Ich bin es gewohnt, Risiken zu trotzen und auf die üblichen Herausforderungen einer Großveranstaltung innovativ zu antworten. Allerdings waren die Jahre seit Corona schon besonders. Unser diesjähriges 20. Jubiläumsturnier hat uns mental mehr als sonst gefordert. Die finale Absicherung des Events ist uns erst eine Woche vor dem Turnierstart gelungen.

Wir hatten Altlasten aus den zwei Corona-bedingten Absagen im Gepäck und mussten zudem die Neuauflage absichern. Insgesamt ein Volumen von mehr als 1,8 Millionen Euro. Umso glücklicher bin ich, dass wir das mit unserem Team und unseren verlässlichen Partnern betriebswirtschaftlich dann doch noch gesund abwickeln konnten.

Mittlerweile haben sich die Zeiten weiterhin geändert. Und die allgemeinen Unsicherheiten haben auch aufgrund der weltpolitischen Lage deutlich zugenommen. Die Kosten sind stark gestiegen. Der betriebswirtschaftliche Aspekt stellt ein hohes Risiko dar. Dazu kommt, dass sich der internationale Pferdesport zurzeit in atemberaubender Geschwindigkeit wandelt. Das ist eine Entwicklung, der man sich als Veranstalter stellen muss.

Wenn wir ein Turnier auflegen, dann möchten wir höchste Qualität garantieren. Im Moment scheint es, als würde unser bisheriges, erfolgreiches Sportkonzept nicht mehr zukunftsfähig sein. Unsere wirtschaftlichen Partner erwarten von uns einen Spannungsbogen über alle Turniertage. Dazu benötigen wir ein Sportkonzept, mit dem sich der Sport selbst inszenieren kann und das von der internationalen Pferdeszene mitgetragen wird.

Nach reiflicher Überlegung und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und sportlichen Faktoren ist das Risiko, 2024 an den Start zu gehen, zu groß. Wir möchten uns nun auf 2025 konzentrieren, um nach einem Jahr Pause wieder gestärkt zurückzukommen. Der Classico war immer besonders und soll es auch bleiben. Einfach nur ein Turnier zu veranstalten, ist für uns keine Option.

Das ist sicherlich eine überraschende wie auch traurige Entwicklung. Sind es doch diese Großevents, die für eine Stadt Strahlkraft und für die Menschen er Region einen besonderen Glanzpunkt bedeuten.“ Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum bedauert diese Entscheidung. Er sagt: „Das Fortbestehen des Turniers liegt uns am Herzen. Die Stadtverwaltung wird – wie in den vergangenen Jahren – auch künftig die Veranstaltungen nach Kräften unterstützen.“

Es ist, viele erinnern sich, noch gar nicht allzu lange her, da haben Rheinhard Schill, Gotthilf Riexinger und die Messe Offenburg die „Baden Classics“ für 2024 abgesagt. Mit ähnlichen Gründen wie jetzt Axel  Milkau für Braunschweig. Es ist eben (fast) überall kaum noch möglich, in wirtschaftlich schwieriger Zeit die Sponsoren bei der Stange zu halten oder gar neue zu finden. Zugleich verweist Milkau mit wenigen Worten auf Probleme, die man in der Szene nicht gerne anspricht. Er redet vom „Spannungsbogen über die Turniertage“ und davon, dass man „ein Sportkonzept benötigt, mit dem sich der Sport selbst inszenieren kann und das von der internationalen Pferdeszene mitgetragen wird“.

Im Klartext heißt das für mich: Unter der knallharten Konkurrenz der finanzstarken Serien und Turnierwochen kann ein Event wie Braunschweig nicht mehr mithalten! Wenn die Aktiven konsequent die hochdotierten Events oder die neuen Pferdemärkte im Süden bevorzugen, hat der Mittelbau der internationalen Turniere kaum noch eine Chance. (Das gilt gewiss auch für das Hallenturnier von Offenburg.) Ich befürchte, dass es in den kommenden Wochen und Monaten weitere Turniere im In- und Ausland treffen wird. Beispielsweise im Kreis der früheren Nationenpreisturniere, die im neuen FEI-Konzept nicht mehr zum Zuge kommen.

Ich sag‘ mal so: Wer jetzt als Reiter die Absage von Axel Milkau aus Braunschweig zum Anlass nimmt, sein Bedauern auszusprechen, der sollte mal selbstkritisch in den Spiegel schauen. Womöglich entdeckt er da die eine oder andere Krokodilsträne. Oder anders: Manch einer hat noch gar nicht begriffen, dass er den Ast absägt, auf dem er selbst sitzt, umgeben von naiven Freunden und Kollegen.