Am riesigen Richterhaus in der Soers hängen sie, weithin sichtbar: Die Tafeln mit den ewigen Bestenlisten darauf. Wer dort verewigt ist, der darf mit Fug und Recht von sich behaupten, er oder sie gehörten zu den Großen der Großen. Philipp Weishaupt beispielsweise sank 2016 spontan auf die Knie, als er auf dem Sattelplatz erfuhr, dass er der neue Sieger im Großen Preis von Aachen ist. Unbeschreibliche Momente, die man ein Leben lang nicht vergisst. Heute Mittag um 14 Uhr läutet mal wieder die Startglocke zum großen Finale.

Bevor es aber so weit ist, schreibe ich zur Einstimmung hier ein paar Skizzen aus den hippologischen Annalen. 1924 war das Gründungsjahr des Aachener „Tschio“. 1927 führte man den Großen Preis ein: Ein Mann namens Lotz siegte auf seinem Pferd namens Olnad. 1933 Heinz Brandt auf Coralle, 1939 der legendäre „Micky“ Brinkmann auf Baron. Viel Geld war damals nicht im Spiel, dafür umso mehr Prestige, ja politische Einflussnahme von höchster Stelle. Furchtbare Zeiten. Von 1940 bis einschließlich 1946 gab’s aus verständlichen Gründen kein Turnier in der Soers.

Erster Sieger im Großen Preis von Aachen nach dem Krieg, also 1947, war Prinz Karl zu Salm auf Garant. Der erste Sieger, den wir bis heute kennen, war 1951 der unvergessliche Fritz Thiedemann auf Original Holsatia; mit diesem Pferd, nur so nebenbei, soll „Fritze“ mal einen Oxer von zweimal zwei Metern fehlerfrei überwunden haben. Der erste ausländische Sieger folgte 1952: Piero d’Inzeo auf Uruguay.

Natürlich wäre es reizvoll, jetzt sämtliche Sieger zu erwähnen – von damals bis heute. Doch das würde den Rahmen meiner Blogs sprengen. Deshalb empfehle ich allen, die gerne mehr wissen möchten, sich im Internet die bei Wikipedia zu findende „Liste der Sieger im Springreiten beim CHIO Aachen“ aufzurufen. Da steht’s kurz und kompakt.

Blicken wir ganz aktuell auf die Startliste von heute: Rodrigo Pessoa ist mal wieder dabei, der Sieger von 1994 auf Special Envoy, sein Vater Nelson, der ihn in die Soers begleitet, siegte 1964 auf der eleganten Schimmelstute Grand Geste und 1972 auf Nagir. Daniel Deusser siegte 2021 auf Killer Queen, Geritt Nieberg vor einem Jahr auf seinem Ben. Marcus Ehning 2006 auf Noltes Küchengirl und 2018 auf Pret a Tout. Ludger Beerbaum, auf Mila mit von der Partie, siegte 1996 auf Ratina Z, 2003 und 2002 auf seinem Fuchshengst Goldfever. Gregory Wathelet stand 2017 mit Coree ganz vorne. Scott Brash dominierte 2015 auf Hello Sanctos.

Neues Spiel, neues Glück. Vierzig Pferde stehen auf der Startliste. Wem traue ich heute etwas zu – Ritte für die Geschichtsbücher? Andre Thiemes Chakaria hat die Klasse, auch Rodrigo Pessoas Major Tom, Richard Vogels United Touch. Martin Fuchs und sein Freund Steve Guerdat sind immer zu beachten. Natürlich Ben Maher und Scott Brash.

Im Großen Preis von Aachen steht für mich das sportliche Prestige im Vordergrund. Man kann’s aber auch anders sehen: 1,5 Millionen Euro beträgt die Dotierung im Rahmen des Rolex-Grand-Slam. Glatte 500 000 Euro bekommt der Sieger, 300 000 der Zweite, 220 000 Euro der Dritte, 150 000 Euro der Vierte und 90 000 Euro der Fünfte. Gegen 17.25 Uhr werden wir wissen, wer anno 2023 die herausragende Leistung dieses CHIO vollbracht hat.

Mehr Infos unter www.chioaachen.de sowie im WDR-TV und die Entscheidung im ZDF. Grüße aus der Soers. Wir sehen uns.