Hier und heute geht’s um den klassischen Preis der Nationen für die Weltelite der Springreiter. Heute Abend stand in der ausverkauften Soers, also vor 40 000 Zuschauern, der 67. Nationenpreis seit 1952 auf dem Programm. 23mal haben die gastgebenden deutschen Equipen gewonnen. Kurz und knapp das Resultat: Die Schweiz gewinnt nach 20 Jahren mal wieder in Aachen. Chapeau! Dahinter Briten, Belgier, Amerikaner, Deutsche, Schweden, Franzosen und Niederländer.   

Wenn wir uns der Geschichte des Nationenpreises in Aachen widmen, kommen wir nicht um die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte im Zwanzigsten Jahrhundert herum. 1924 begründeten die Vorstände des Aachen-Laurensberger Rennvereins ihr Turnier mit Pferderennen. 1929 wurde der allererste Nationenpreis ausgerichtet, die Schweden siegten. In den Annalen bis zum Kriegsbeginn 1939 finden wir fünfmal die Siege für das „Deutsche Reich“.

Kurz bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach, holten die Kavalleristen ihren letzten Erfolg, während des Krieges und weiter bis 1951 gab’s keine Nationenpreise. Der einfache Grund: Weil Deutschland den Krieg entfesselt und 1945 kapituliert hatte, wurde das Land zunächst von allen internationalen Sportereignissen ausgeschlossen. 1952 durfte man erstmals wieder an den Olympischen Spielen von Helsinki teilnehmen und auch wieder am internationalen Sport.

Auf die großen Namen verzichte ich an dieser Stelle, nenne nur HG Winkler, der mehr als einhundert Nationenpreise für Deutschland bestritten hat, natürlich nicht nur in der Soers. Schade übrigens, dass es bis heute keine vollständige Statistik mit allen Namen gibt. Allein bezogen auf das CHIO wäre das ein wichtiger Beitrag dazu, die Weltgeschichte und die Sportgeschichte besser zu verstehen. Im Zeitalter des Computers und der KI, der künstlichen Intelligenz, dürfte das kein Problem sein. (Mir ist übrigens menschliche Intelligenz lieber als künstliche. Aber das nur nebenbei.)

Dass die klassische Reitkunst über Sieg und Niederlage entscheidet, wäre ja schön und wünschenswert, ist aber nicht in jedem Falle gegeben. Nach nervösem Verlauf und vielerlei Auf und Ab, nach einem spektakulären Sturz des Niederländers Lars Kersten, dessen Pferd Emmerton in Panik aus der Arena in Richtung Stall preschte, aber gottlob unversehrt blieb, sicherte Martin Fuchs mit fehlerloser Schlussrunde den Eidgenossen den verdienten Sieg.

Enttäuschend die Performance der Equipe von Otto Becker: Hansi Dreher, Jana Wargers und Marcus Ehning zeigten zwar feine Nullrunden, aber eben nicht genug. Fehler häuften sich, Drehers Elysium patzte am Wassergraben, Ehnings Stargold hatte in der ersten Runde zwei Abwürfe. Otto Beckers Fazit: „Heute können wir nicht zufrieden sein.“ 2022 hatte es in der Soers einen deutschen Sieg gegeben, ebenso 2016, 2017 und 2018. Doppelnull schaffte indessen Steve Guerdat für die Eidgenossen. Der Sieg ist mehr als verdient.

Kurz noch zum lieben Geld: Dotiert mit einer Million Euro ist der Nationenpreis von Aachen, gesponsert von Mercedes-Benz, einer der lukrativsten weltweit. 250 000 Euro gehen an die siegreichen Eidgenossen, 200 000 Euro an die Briten, 150 000 Euro an die Belgier. Für Otto Beckers Quartett bleiben immerhin noch 80 000 Euro.

Soviel für den Augenblick, morgen folgt meine gründliche Analyse. Mehr Infos unter www.chioaachen.de. Eine gute Nacht aus Aachen. Wir sehen uns in der Soers.