In Lyon hat Jessica von Bredow-Wendl mit Dalera das erwartet starke Comeback im Weltcup gezeigt und die Kür mit 90,140 Prozent gewonnen. Ingrid Klimke fuhr mit ihrem Franziskus ins polnische Zakrzow, um dort die Weltcupkür mit 79,675 Punkten zu gewinnen. Nach Oslo, Helsinki und Lyon führt Victoria Gulliksen die Weltcupliste an vor Bryan Balsiger aus der Schweiz. Jetzt steht Verona vor der Tür und aller Augen sind bereits auf Stuttgart gerichtet. 

In der großen Messehalle von Lyon machte die Olympiasiegerin von Tokio den Gastgebern die schönsten Komplimente: „Ich liebe Frankreich! Meine wichtigsten Sponsoren kommen aus Frankreich.“ Deshalb habe sie für ihre neue Weltcupkür die Lieder von Edith Piaff gewählt: „Je ne regrette rien! – Ich bereue nichts!“. Das sei ihr Lieblingstitel. Die Musik von Edith Piaff belege für sie, so Jessica, „die Liebesaffäre zwischen Dalera, Frankreich und mir!“ Ihre Trakehnerin, 15 Jahre alt, präsentierte sich in guter Frühform, bekam von der Jury allerhand Zehner zugesprochen – ein ungefährdeter Favoritensieg, der ihr 13 800 Euro Siegprämie einbrachte.

Wichtig zu wissen: Jessica ist als Titelverteidigerin für das Finale 2023 in Nebraska gesetzt. Schade, wie schon gesagt, dass Dalera jetzt wieder Pause bekommt – in Verona am kommenden Wochenende gibt’s gar keine Dressur. Ingrid Klimke taktierte vergangenes Wochenende, sattelte ihren ebenfalls 15-jährigen Franziskus in Polen, holte sich die für das Erreichen des Finales so wichtigen Punkte in einem Feld mit elf Pferden, Siegprämie 1050 Euro. Übernächstes Wochenende in der Schleyerhalle wird man sehen, ob sich der Ausflug nach Polen gelohnt hat.

Isabell Werth taktiert nicht, trat mit dem 16-jährigen Emilio in Lyon an, musste in der Einlaufprüfung Fehler hinnehmen, steigerte sich im Kürfinale enorm: 87,945 Punkte und Platz zwei, die Dotierung betrug gut 10 000 Euro. Wenn Jessica von Bredow-Werndl in Stuttgart „nur“ ihren Ferdinand reitet, gilt Isabell Werth für mich als Favoritin auf den Kürsieg. Platz drei ging in Lyon an den unermüdlichen Patrick Kittel, der seine Ritte nach der Grussaufstellung am Ende stets als Gefühlsausbrüche zelebriert –  mitunter fürchtet man, der Schwede könnte völlig ausflippen. In Lyon gab’s dafür knapp 7600  Euro. Schade, dass Benjamin Werndl und sein 13-jähriger Famoso nicht ohne Patzer durchkamen und mit Rang vier zufrieden sein mussten (5700 Euro).

Im Weltcupspringen sahen die begeisterten Franzosen den erhofften Heimsieg von Julien Epaillard auf Caracole, Siegprämie 75 000 Euro. Rang zwei für den enorm aufstrebenden Brasilianer Marlon Zanotelli auf Edgar (60 000 Euro), dahinter der Niederländer Jur Vrieling auf Long John Silver (45 000 Euro). Der sympathische Martin Fuchs auf Conner Jei musste sich mit Platz neun begnügen (immerhin noch 9000 Euro). Kein deutscher Reiter im Geld, Marcel Marschall mit Coolio als 23. der beste.

Nach Oslo, Helsinki und Lyon steht Victoria Gulliksen auf der Punkteliste in Richtung Finale ganz oben – was noch rein gar nichts heißt. Bryan Balsiger, der Sieger von Oslo, folgt auf Rang zwei, Julien Epaillard und Angelica Augustsson-Zanotelli, die Siegerin von Helsinki, liegen gemeinsam auf Platz drei. Bester Deutscher ist Gerrit Nieberg auf Rang fünf.

Blenden wir kurz über den Atlantik nach Washington, wo es beim traditionsreichen Hallenturnier ebenfalls um Weltcuppunkte ging: Conor Swail auf dem Hannoveraner Count me in siegte knapp im Stechen, kassierte 134 000 US-Dollar, gefolgt vom Israeli Daniel Bluman auf der niederländischen Stute  Gemma W (81 200 Dollar) und Brian Moggre aus den USA auf dem Westfalen Vivre le Reve (60 900 Dollar).

Kurzer Blick voraus: In Verona haben Christian Ahlmann, Daniel Deusser und Marcus Ehning gemeldet, dazu die Eidgenossen Balsiger, Guerdat und Schmitz sowie Smolders und Vrieling aus den Niederlanden und erwartungsgemäß Vicoria Gulliksen aus der berühmten Norwegischen Reiterfamilie. Nicht zu vergessen Weltmeister Henrik von Eckermann, der in Lyon mit seinem Wallach Hollywood 13 Strafpunkte im Umlauf hinnehmen musste und nur Rang 33 schaffte. Nüchtern betrachtet, kann man sagen: Im Weltcup wird selbst einem Weltmeister nichts geschenkt. Üben wir uns also in Geduld und warten darauf, wie sich heute in einer Woche die Lage darstellt und wer tatsächlich vom 9. bis 13. November in Stuttgart antritt.