Erinnern Sie sich noch an die zentrale Forderung des Bundestrainers: „Nullrunden müssen her! Leute, wir brauchen Nullrunden!“ Zumindest Philipp Weishaupt auf seinem Zineday und Jana Wargers auf ihrem Limbridge haben Otto Becker heute am Nachmittag diesen Wunsch erfüllt. Chapeau! Philipp belegt nach den ersten beiden Parcours dieser 37. EM den zweiten Platz hinter dem weiterhin führenden Schweden Jens Fredricson auf seinem Markan Cosmopolit. Jana Wargers liegt auf Platz elf, Christian Kukuk und Mumbai, als Einzelreiter unterwegs, belegt Platz neun. Das deutsche Team führt mit 9,31 Punkten hauchdünn vor Schweden (9,51) und der Schweiz (9,92).

Bleiben wir sogleich beim Blick auf den Zwischenstand in der Mannschaftswertung: Die vom Bundestrainer und seinen Reitern gestern Abend diskutierte und am Ende beschlossene Änderung in der Startfolge hat sich ausgezahlt – eine richtige taktische Änderung. Leider kam Marcus Ehning mit seinem Stargold wieder mit einem Abwurf ins Ziel. Schade. Dafür präsentierte Philipp Weishaupt den erst neunjährigen Zineday erneut in Topform. Dickes Kompliment! Jana Wargers, die gestern am Abend noch mutig versprochen hatte, „wir kämpfen weiter!“ zeigte ihre internationale Klasse auf dem jetzt 14-jährigen Limbrigde ebenfalls mit einer Nullrunde. Chapeau!

Wirklich schade, dass Gerrit Nieberg seinen Ben nach den 16 Strafpunkten von gestern heute nicht in die Spur zurück brachte: Drei Abwürfe. Der zwölfjährige Aachen-Sieger vom vergangenen Jahr wirkt müde und außer Form. Hoffentlich kann Otto Beckers Equipe morgen, wenn’s um Titel und Medaillen geht, ihre Topform von heute bestätigen – das wär‘ dann der achte EM-Titel seit 1975. Aber selbst wenn’s ein Jahr vor Paris „nur“ Silber oder Bronze gäbe – kein Problem für mich. Morgen Abend sind wir klüger.

Kurz die Regeln für den dritten Parcours morgen. Nur die jetzt führenden zehn Mannschaften dürfen antreten und die punktbesten 50 Einzelreiter. Was heißt das genau?: Aus dem Rennen sind die von Peter Weinberg geführten Belgier – für mich eine Überraschung. Ebenso die Dänen, Polen, Portugiesen und Ungarn. Abgeschlagen erscheinen mir darüber hinaus die Briten mit bereits 24,42 Punkten, dazu die Franzosen mit 22,47 Punkten. Immerhin haben sich die Niederländer auf Rang sieben vorgearbeitet, jetzt mit 19,29 Punkten.

Nun der wichtige Blick auf die Einzelwertung: An der Spitze behauptet sich der Schwede Jens Fredricson – weiterhin mit der Idealnote null. Philipp Weishaupt folgt mit nur 0,31 Punkten, dahinter der aufgerückte Schweizer Steve Guerdat, ebenfalls mit einer Nullrunde auf Dynamix und 0,43 Punkten. Rang vier belegt Julien Epaillard mit Dubai (0,61), dahinter Henrik von Eckermann auf Iliana (0,70).

Christian Kukuk hat als Neunter mit seinem Mumbai nur 2,04 Punkte, Jana Wargers als elfte nur 2.28 Punkte. Insgesamt 14 Pferde liegen innerhalb eines Abwurfs an der Spitze des Feldes. Marcus Ehning hält mit 6,72 Punkten den Rang 22. Gerrit Nieberg hat leider 20,32 Punkte gesammelt, darf aber morgen an der dritten Runde teilnehmen; das Einzelfinale am Sonntag, wo nur die morgen Abend führenden 25 Pferde teilnehmen dürfen, kann er nicht mehr erreichen. Er liegt aktuell auf Platz 67.

Schauen wir kritisch auf andere Aktive, denen es nicht gut erging: Maikel van der Vleuten, der Niederländer, muss mit seinen 8,10 Punkten und Rang 27 auf die Fehler von anderen hoffen. Altmeister Rolf-Göran Bengtsson auf Zuccero, der gestern so stark begonnen hatte, liegt mit 8,81 Zählern nur auf Platz 31. Die beiden Franzosen Kevin Staut mit mit Dialou (12,74) und Simon Delestre mit Dexter (13,79) haben aktuell die Plätze 45 und 51 – das Finale am Sonntag dürfte ohne sie stattfinden. Gleiches gilt, wenn morgen nicht alles ins Rutschen gerät, auch für Harrie Smolders, Sergio Alvarez Moya und Emanuele Gaudiano.

Soeben (18.20 Uhr) kommen die Stimmen aus Mailand. Otto Becker, heiter und etwas unernst: „Unsere Führung kommt leider einen Tag zu früh! Nein, Spaß beiseite. Es war heute eine super Teamleistung. Wir haben für morgen eine gute Ausgangsposition – ich hoffe sehr, dass es für uns so weitergeht. Philipp und Jana haben überragende Runden gezeigt. Marcus hatte einen Flüchtigkeitsfehler. Christian hat ebenfalls stark geritten. Allerdings brauchen wir, wenn’s morgen noch schwerer wird, eine Steigerung. Man sieht ja, wie knapp wir vorne beieinander liegen. Heute Abend bin ich jedenfalls hoch zufrieden.“

Für die deutsche Fangemeinde heißt es jetzt: Kühlen Kopf bewahren und morgen die Daumen drücken!