Ich gestehe es offen und ehrlich: Der belgische Berufsreiter und Züchter Domien Michiels war mir bis gestern noch kein Begriff: Der 44-Jährige hat für sein Land bereits Europa- und Weltmeisterschaften bestritten sowie auch Olympische Spiele – stets im breiten Mittelfeld. Gestern jedoch, bei der zehnten Weltcupkür dieser Saison 2023/24, standen er und sein 16-jähriger Intermezzo von Gribaldi und Balzflug ganz vorne: 78,3 Prozentpunkte brachten als Tagesbestnote den Sieg und 15 581 Euro. Kompliment!

„Ein Traum ist heute für mich wahr geworden. An diesen Erfolg hatte ich nicht gedacht, als ich jetzt zum ersten Mal hierher nach Göteborg gefahren bin.“ So Damiens erster Kommentar. Sein Wallach, hochbeinig und schwungvoll, wenn auch ab und zu mit Taktfehlern, wurde von der fünfköpfigen Jury einhellig auf Platz eins gesetzt. Die Schwedin Maria von Essen und ihr Oldenburger Invoice, am Freitag Gewinner des Grand Prix, mussten mit Platz zwei zufrieden sein: 76,200 Prozent und dazu 11 456 Euro.

Jetzt bleiben wir mal treu und brav bei den Fakten: Mit nur neun Pferden war diese Kür von Göteborg am schwächsten besetzt in dieser Saison, die Anfang März in Herzogenbosch zuende geht. Schaut man in die Regeln, so sieht man sofort, dass in einer Weltcupkür 15 Pferde zugelassen sind. Die Dotierung von Göteborg, nämlich 55 000 Euro, reichte offenkundig nicht aus, um mehr Aktive an den Start zu locken. Nach dem Grand Prix vom Freitag mit elf Teilnehmern stiegen die beiden Schweden Carl Hedin und Max Hendeliowitz aus – weshalb auch immer.

Rang drei ging übrigens an den in Deutschland lebenden Spanier Borja Carrascosa auf Sir Hubert NRW mit 75,630 Prozent, Prämie 8706 Euro. Die von mir favorisierte Niederländerin Tamar Zweistra auf Hexagons Ich weiss schaffte mit 75,050 Prozent lediglich Platz fünf. Ich hatte ihr wohl doch zuviel zugetraut. Prämie 3897 Euro. Ältestes Pferd im Feld war der 18-jährige schwedische Hengst Michey M unter Natalie Oldfors mit 70,250 Prozent. Prämie 1142 Euro.

Ich möchte Domien Michiels nicht zu nahe treten, aber doch dies zu bedenken geben: Wenn die Aktiven eine Weltcupstation nicht goutieren, aus welchen Gründen auch immer, dann muss die Frage erlaubt sein: Ist Göteborg noch der richtige Austragungsort? Oder gibt’s anderswo Ausrichter, die in einer wirklich hochdotierten Kür ein komplettes Feld von 15 Pferden aufbieten könnten?

Mein Blick auf die Punkteliste für das Finale Mitte April in Riad: Domien Michiels liegt jetzt mit seinen 20 Siegpunkten aus Göteborg und insgesamt 27 Zählern auf Platz 24. Weil man in Herzogenbosch, der elften und damit letzten Station, mit einer wirklich starken Konkurrenz rechnen muss, wird es ihm schwer fallen, die notwendigen Punkte für Riad noch zu sammeln. An der Spitze bleibt alles beim alten: Patrick Kittel (72 Punkte) vor Matthias Rath (69), Nanna Merrald (64), Charlotte Fry und Isabell Werth (beide je 57), dahinter Morgan Barbancon (56), Raphael Netz (54), Borja Carrascosa (45), Diana Porsche (41) und Alexandre Ayache (39). Das sind die führenden zehn.

Heute am Nachmittag gibt’s im Scandinavium das 14. und damit letzte Cupspringen der Saison. Danach wird die Bilanz gezogen. Dann wissen wir, wer Stand heute die Tickets für Riad besitzt. Wobei natürlich die Erfahrung zeigt, dass sich da in den kommenden Wochen noch allerhand verändern kann.