Als Franke Sloothaak noch aktiv war, zugegeben, das ist schon einige Zeit her, da sagte er mir in einem Gespräch: „Für mich ist die Weltrangliste besonders wichtig, denn da weist du immer, wo du sportlich stehst.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert, selbst wenn andere Serien und Punktelisten hinzugekommen sind, von denen man ebenfalls leicht ablesen kann, wo jeder einzelne Aktive steht.

Dieser Tage sind die aktuellen Weltranglisten in Dressur und Springen aus den Tiefen des Internets aufgetaucht. Henrik von Eckermann und Jessica von Bredow-Werndl bleiben an der Spitze. Für das Weltcupfinale von Riad in zwei Wochen spielen die neuen Ranglisten allerdings gar keine Rolle. Wohl aber für die internationalen Turniere, die jetzt Schlag auf Schlag folgen und quasi unerbittlich in Richtung Olympia in Paris führen.

Man braucht, denke ich, wirklich keine seherischen Fähigkeiten, um vorherzusagen, dass Henrik von Eckermann für Schweden antreten wird, wenn es vor dem Schloss von Versailles um die olympischen Medaillen geht.

Auf den Plätzen zwei und drei der Weltrangliste sehen wir Ben Maher, den Olympiasieger von Tokio 2022, und gleich dahinter Steve Guerdat, den Olympiasieger von London 2012. Für mich übrigens kein Zufall. Rang vier belegt Martin Fuchs, dahinter Julien Epaillard, den Henrik für seinen stärksten Konkurrenten hält, Platz sechs für Kent Farrington, dahinter Simon Delestre. Max Kühner auf acht, Harrie Smolders auf neun und McLain Ward auf zehn. Unser Richard Vogel ist leider von Platz neun auf 14 zurückgefallen.

Die anderen deutschen Reiter unter den besten fünfzig: Christian Kukuk auf 18, Hansi Dreher auf 22, Christian Ahlmann auf 32, Jana Wargers auf 33, David Will auf 42 und Marcus Ehning auf 50! Und weiter: Philipp Weishaupt rangiert auf 52, Daniel Deusser nur auf 66, Kendra Brinkop rückt von 97 auf 71 vor. Chapeau! Philipp Schulze Tophoff auf 82 und Sophie Hinners auf 97.

Wenn wir schon beim Spekulieren sind – wer könnte das deutsche Trio sein für Paris? Ich gehe (nahezu fest) davon aus, dass Richard Vogel vom Bundestrainer und dem Springausschuss die Chance bekommen wird, erstmals für Deutschland bei Olympia anzutreten. Weiteres werden die kommenden Wochen bis zum „Tschio“ in Aachen zeigen.

Ich weiß, dass Jana Wargers bei Otto Becker einen Stein im Brett hat, wie man so sagt, jedenfalls seit der WM in Herning 2022. Sollte Zineday unter dem Vize-Europameister Philipp Weishaupt wieder in Topform kommen, wäre er unter den Top drei. Marcus Ehnings Erfahrung wäre ein Pfund, mit dem sich wuchern ließe. Ob Daniel Deusser seine sportliche Durststrecke überwinden kann, muss man abwarten. Auch Hansi Dreher hat seine Chance – ob er sie nutzen wird, zeigt sich in Aachen.

Der Blick auf die neue Weltrangliste in der Dressur bringt mich zunächst auf eine traurige Nachricht: Benjamin Werndl hat seinen Famoso verloren! Das ist wirklich bitter. Der 15-jährige Oldenburger, mit dem Benjamin bei der WM 2022 Teambronze gewann, hat sich in seinem Paddock einen Trümmerbruch zugezogen. „Keine Chance auf Heilung“, schreibt Benjamin.

Bei der WM in Herning belegten die beiden Rang vier in der Einzelwertung – eigentlich war von da an der Weg in den engsten Kreis der Olympiaaspiranten vorgezeichnet. Hoffentlich behält Benjamin Werndl die Freude und den Schwung, sich wieder ganz nach vorne zu reiten!

Aus den USA bekomme ich ein Mail aus dem Umfeld von Adrienne Lyle, die in Absprache mit ihrer Besitzerin Betsy Juliano entschieden hat, ihren 17-jährigen Hengst Salvino von Sandro Hit mal Donnerhall aus dem Sport in die Zucht zurückzuziehen. In Tokio waren beide im Silberteam der USA, aber jetzt, so schreibt Adrienne, hält sie die harte Auslese für Paris als zu schwer, um es locker zu übersetzen.

Zwischen den Zeilen, so kommt es mir vor, will Adrienne der knallharten Auslese innerhalb des US-Teams aus dem Wege gehen. Diese Entscheidung ist zu respektieren – mal schauen, mit welchem Trio die USA nach Versailles kommen.

Jessica von Bredow-Werndl, nach wie vor die Nummer eins der Weltrangliste, sehe ich für Deutschland in Paris, ebenso Isabell Werth, die Nummer zwei der Weltrangliste. (Platz drei hat Littie Fry vor Nanna Merrald und Charlotte Dujardin. Patrick Kittel liegt auf sechs). Frederic Wandres folgt auf Platz sieben; er könnte das Trio komplettieren. Matthias Rath ist auf elf zurückgerutscht; kürzlich ging sein EM-Pferd Tiago nicht überzeugend.

Raphael Netz belegt Platz 18, kann sich alsbald beim Weltcupfinale in Riad weiter ins Rampenlicht reiten. Dahinter Felicitas Hendricks auf 22, Sönke Rothenberger auf 24 und Fabienne Müller-Lütkemeier auf 31. Anna Abbelen folgt auf 41, Dorothee Schneider (leider nur) auf 45 und Katharina Hemmer auf 48. Ingrid Klimke liegt auf Platz 51.

Am Schluss noch so eine uralte Weisheit: Ranglisten aller Art sind im Grunde genommen doch nur Momentaufnahmen. Alles fließt. Schönes Wochenende aus Stuttgart.