„So ein Tag, so wunderschön wie heute!“ Ich weiß nicht, ob Felix Vogg, der Schweizer, der in Radolfzell am Bodensee lebt, dieses rauschende Volkslied kennt. Jedenfalls ist es so: Felix feiert heute in der Lüneburger Heide seinen 32. Geburtstag – Glückwunsch dazu! Vor wenigen Minuten (11.11 Uhr) holte er sich mit seinem Westfalen Colero den Sieg im Fünf-Sterne-Event – Herzlichen Glückwunsch auch dazu!
Dieser von Longines gesponserte Fünf-Sterne-Wettkampf von Luhmühlen 2022 geht ganz gewiss in die Annalen ein. Erstens, weil es wohl zum ersten Male seit mehr als sechzig Jahren keinen deutschen Reiter oder Reitern in der Platzierung gegeben hat. Zweitens, weil – jedenfalls aus meiner Sicht – der oft gehörte Satz „Wir sind hier doch nicht auf einem Dressurturnier“ mal wieder glänzend widerlegt ist. Und drittens, weil der neue Bundestrainer Peter Thomsen schon vor Beginn des Events in der Heide die richtige Analyse getroffen hat: „Wir haben zu wenige Pferde auf Fünf-Sterne-Niveau!“
Kurz und knapp die blanke Statistik, das Protokoll der Abläufe: Der Schlusszettel, den ich zur Lektüre empfehle, notiert 36 Teilnehmer, 20 von ihnen in der Wertung. Acht Pferde wurden im Gelände eliminiert, eines war kurz vor dem Start zurückgezogen worden. Drei Pferde wurden durch Aufgabe ihrer Reiter aus dem Geländeritt genommen, drei vor dem Springen zurückgezogen – ein Reiter schied im Parcours aus.
Wenden wir uns jetzt dem angenehmen Teil der Ergebnisliste zu: Felix Vogg und sein Olympiapferd Colero gingen auf dem Dressurviereck mit 29,0 Punkten ins Rennen, blieben im Gelände fehlerfrei und ebenso im Parcours. Siegerresultat am Ende: 29,0 Punkte. Prima. Die Britin Kirsty Chabert auf ihrem Anglo-Araber Classic tat es Felix Vogg nach: 31,1 Punkte in der Dressur, fehlerfreies Gelände und fehlerfreier Parcours – am Ende 31,1 Punkte. Hut ab! Dressurturnier ja oder nein? Soviel ist sicher: Wer die Dressur unterschätzt, ob als Aktiver oder als Beobachter, der begeht einen schweren Fehler.
Felix Vogg sagte nach seinem Sieg: „Endlich nach schwierigen Jahren – endlich läuft es für eine längere Weile und nicht nur für ein Turnier. Er hat in diesem Jahr nun dreimal gewonnen – besser geht es nicht.“ Seit einiger Zeit wird Felix Vogg von Bettina Hoy unterstützt. Klar, dass er sich von nun an ganz auf die WM Mitte September in Pratoni konzentrieren wird.
Apropos Fehler. Sophie Leube, die einzige deutsche Starterin, gab im Gelände frühzeitig auf und sagte hernach: „Der Bundestrainer und ich hatten vereinbart, dass ich aufgebe, wenn’s nicht gut läuft. Wir hatten einen tollen Start. Meine Stute galoppierte toll und ganz frisch los, ich hatte eigentlich ein gutes Gefühl. Mit dieser Motivation sind wir zum ersten Wasser gekommen. Da sprang sie mächtig los – ich habe die Linie zum nächsten Sprung nicht mehr bekommen. Für den Fall eines frühen Fehlers war mit Peter Thomsen ausgemacht, dass ich zur Schonung des Pferdes aufhöre.“
Ob das eine kluge Absprache war, wird sich zeigen. Denn rein psychologisch gesehen, bleiben Pferd und Reiter solches Aufgeben im Kopf. Die Parole lautet doch eigentlich: Auf jeden Fall ins Ziel kommen, wenn’s irgend geht, natürlich nicht um jeden Preis. Ich bin gespannt, wie der weitere sportliche Weg von Sophie Leube mit Jadore Moi aussieht. Wir erinnern uns: Vor Wochen in Pratoni war sie die einzige deutsche Reiterin im Ziel. Bleibt zu hoffen, dass diese Saison 2022 keine Schicksalssaison für „unsere“ Buschreiter wird. Jeder weiß: Bei der WM qualifizieren sich die fünf Teams sogleich für Paris 2024. – Mehr Infos unter www.rechenstelle.de