In Stuttgart, meiner Heimatstadt, gibt’s mal wieder etwas zu feiern in einem ungemein wichtigen Bereich – ökonomisch und kulturell gleichermaßen. Die 1822 hier gegründete Franckh’sche Verlagshandlung blickt zurück auf 200 Jahre ihres Bestehens – und voraus in ihre digitale Zukunft. Zeitweise hieß das Unternehmen Franckh-Kosmos heute nurmehr Kosmos-Verlag. Für uns Pferdefreunde hat dieser Name nach wie vor einen guten Klang.

Wenn ich auf mein hippologisches Bücherregal blicke und nach den ältesten Werken schaue, die zu meinen Lebzeiten erschienen sind, dann greife ich automatisch zu einem Buch, das 1961 bei Franckh erschienen ist: „So verdient man sich die Sporen“, seinerzeit geschrieben von dem legendären Journalisten und Hobbyreiter Horst Stern.

Locker und leicht formuliert, selbstironisch und zugleich informativ, passioniert und neugierig – Horst Stern, damals bereits weithin bekannt für seine Schulfunksendungen im Radio zu Themen rund um die Tiere, schrieb seinerzeit einen Bestseller, der bis heute eine der meistverkauften Reitlehren ist, die es auf dem deutschen hippologischen Buchmarkt gibt. Wahrscheinlich sogar die Nummer eins, noch über der unverwüstlichen „Reitlehre“ von Wilhelm Müseler. Grob geschätzt wohl um die 200 000 Exemplare. Wen’s interessiert: Auf der antiquarischen Webseite www.zvab.de wimmelt es von Angeboten: Sterns  Buch kostet dort aktuell von zwei Euro und noch was aufwärts bis gegen zehn Euro, je nach Zustand.

Aus einem rein persönlichen Grund empfehle ich die Lektüre – vor allem jenen Pferdefreunden, die 1961 noch gar nicht gelebt haben. Der Grund? Nun, Horst Stern war damals ein ambitionierter Hobbyreiter beim Stuttgarter Reit- und Fahrverein am Kräherwald. Dort hatte er eine Reitbeteiligung, dort ließ er die Fotos zu seinem Buch  machen. Auf diese Weise haben wir heute alte Fotos unserer geschätzten Reitlehrer Fritz Meldau ud Barthold Stehr. Zugleich aber auch Sterns Bericht über seinen Ritt durch Andalusien. Die Reiterreisen steckten am Beginn der sechziger Jahre noch in den Anfängen. (Ich war über Jahrzehnte Mitglied dieses 1924 gegründeten Reitervereins.)

Und noch dies: Seinerzeit stand der reitbegeisterte Franckh-Verleger Rolf Keller an der Spitze dieses Verlages. Ich hatte als junger Kerl die Ehre, ab und zu sein Pferd reiten zu dürfen, das am Kräherwald stand; den Namen der sensiblen Fuchsstute habe ich leider vergessen. Wichtig zu wissen: Die Verlagsgründung von 1822 in Stuttgart war keineswegs ein Zufall – meine Heimatstadt zählte damals zu den führenden deutschen Verlagsstädten, gleichauf mit Berlin und Leipzig. Viel ist davon leider nicht geblieben.

Apropos Neuzeit. Weitaus bekannter als der unvergessene Horst Stern, der später mit seinen kritischen Fernsehreportagen sowie mit der Gründung der Zeitschrift „Natur“ berühmt wurde, sind Vater und Tochter Klimke. Wie Reiner Klimke zum Kosmos-Verlag kam, das weiß ich nicht. Auf meinem hippologischen Bücherregal finde sich immerhin sein Erstlingswerk von 1984, dem Jahr, in dem er bei den Olympischen Spielen in Los Angeles Einzelgold in der Dressur gewann auf seinem Ahlerich. Folgerichtig lautet der Titel „Ahlerich – Von der Remonte zum Dressur-Weltmeister“. Wahrscheinlich ist dieses Buch vor den Tagen von Los Angeles erschienen.

In der Folgezeit wurde die Zusammenarbeit zwischen dem Verlag Franckh-Kosmos und Reiner Klimke immer enger. Unter dem Stichwort „Cavaletti“ kreierte Vater Klimke eine immer wieder modernisierte und aktualisierte Reihe von Fachbüchern – Tochter Ingrid Klimke hat unter diesem Stichwort die Nachfolge ihres Vaters angetreten. Der Verlag ist dem Thema Pferde und Reitsport treu geblieben. Zum 200-Jahr-Jubiläum weist Michael Fleissner, der heutige Verlagschef, gerne darauf hin, dass die Reiter nach wie vor zur Zielgruppe seines Buchprogramms gehören.

Ach übrigens, beim Stöbern auf der erwähnten Webseite „zvab.de“ bin ich auf ein Kuriosum gestoßen, das dort nur ein einziges Mal angeboten wird: Der uns allen unvergessene Hans Heinrich Isenbart hat sich vor langen Jahren einmal die Zeit genommen, Horst Sterns eingangs erwähnte Reitlehre auf Platte zu sprechen. Kostenpunkt: 12,65 Euro. Da kann ich nur sagen: Schnell zugreifen, denn Raritäten dieser Art werden von Tag zu Tag teurer!