In Peking laufen die umstrittenen 24. Olympischen Winterspiele. Doch bevor noch die magische olympische Flamme entzündet wurde, hat das IOC seine bei Olympia obligate Vollversammlung abgehalten. Dabei ging’s einmal mehr um den sogenannten Modernen Fünfkampf.
Drei Sportarten, so melden es die Agenturen dpa und sid, müssen sich grundlegend reformieren, wollen sie ihren olympischen Status behalten. Das Boxen und das Gewichtheben, weil dort Doping und Korruption in den Verbandsgremien seit Jahren quasi an der Tagesordnung sind. Auch der Fünfkampf steht seit dem Skandal um Annika Schleu und Kim Raisner in Tokio am Pranger und schwer unter Druck.
In der Vollversammlung des IOC in Peking wurden neue, konkrete Forderungen erhoben an die Adresse des Weltverbandes der Fünfkämpfer. Wörtlich heißt es dazu von den Agenturen: „Der Weltverband UIPM will künftig das Reiten durch eine neue Disziplin ersetzen, hat dazu aber noch keine Entscheidung getroffen. Zudem fordert das IOC von der UIPM, die Kosten zu reduzieren und die Sicherheit der Wettbewerbe zu erhöhen. Auch der Zugang zu der Sportart und ihr Reiz für die Jugend und die allgemeine Öffentlichkeit müssten verbessert werden.“
Über die olympische Zukunft, so heißt es an anderer Stelle, werde im Jahr 2023 entschieden, wohl wiederum vom IOC und seiner Vollversammlung. Soviel scheint sicher: Bei Olympia 2024 in Paris soll der Fünfkampf letztmals nach seinem alten Format stattfinden, also mit dem Springreiten auf zugelosten Pferden. Vier Jahre später, 2028 in Los Angeles, muss das Reiten durch eine neue Disziplin ersetzt werden. Man darf gespannt sein, worauf das hinausläuft.
Was meine Einschätzung betrifft – ich bleibe bei meiner kritischen Sicht auf den Fünfkampf: Ganz gleich, auf welche neue Disziplin man sich einigt, diese Wettkämpfe haben sich überlebt, so sehr man auch versuchen wird, ihre olympische Zugehörigkeit krampfhaft zu erhalten. Meine zentrale Frage an die Adresse der Fünfkämpfer und ihrer Funktionäre: Wie, bitteschön, wollen Sie, was das IOC fordert, „den Zugang zu Sportart und ihren Reiz für die Jugend verbessern“? Wenn junge Leute heute auf die breite Palette des Leistungssports schauen – wie sollten sie ausgerechnet auf den Fünfkampf kommen, der so kräftig an dem Ast sägt, auf dem er sitzt. Worin sollte für die Jugend der Reiz bestehen, sich auf eine Sportart einzulassen, die weltweit am Pranger steht?
Nein, so funktioniert das nicht: Annika Schleu und ihre Bundestrainerin Kim Raisner halten sich trotz der Vorkommnisse in Tokio für völlig unschuldig – durch ihre Anwälte haben sie das, wie berichtet, ausdrücklich betonen lassen. Schleu verlangt zudem, die Hindernisse im Parcours niederer zu machen. Auf diese Weise erhöhen sich ihre Chancen, die ihr und den meisten Fünfkämpfern so lästige Pflichtübung des Reitens leichter hinter sich zu bringen – quasi unbehelligt auf dem Weg in die Medaillenränge. Das wäre so ähnlich, wie wenn die Fußballer von der Fifa verlangen würden, die Spieldauer auf zweimal 30 Minuten zu reduzieren, weil den meisten von ihnen nach einer Stunde Spielzeit sowieso die Luft ausgeht. Annika Schleu möchte 2024 in Paris noch einmal antreten, danach ihre aktive Laufbahn beenden. Wenn sie Format und Selbstkritik besäße, wäre sie bereits zurückgetreten. Was Kim Raisner vorhat, weiß man nicht. Vielleicht setzt ja sie ein selbstkritisches Zeichen.