In St. Gallen knallten gestern die Sektkorken – zum einen, weil die Eidgenossenschaft gerade ihren  Nationalfeiertag beging, zum anderen aber auch, weil St. Gallen und sein Gründenmoos eine Station auf der neuformierten „Longines League of Nations“ bleibt. Dazu kommen Rotterdam, Abu Dhabi und Ocala in Florida. Das Finale bleibt in Barcelona. „Not amused“ ist man hingegen bei den Verlierern im schwedischen Falsterbo, im polnischen Sopot, in Hickstead und in Dublin. Ob die Turniermacher dort auch weiterhin Nationenpreise ausschreiben, ist völlig offen. 

Nach einiger Geheimniskrämerei und einiger Verzögerung ist der FEI-Präsident Ingmar de Vos nun an die Öffentlichkeit gegangen. Er wird mit folgenden Worten zitiert: „Wir haben eine historische Entscheidung für die Zukunft des Pferdesports getroffen. Bei dieser neuen Serie geht es darum, Einzelpersonen und Nationen für die Kernwerte unseres Sports zu begeistern: Kameradschaft, Teamgeist, Reitkunst und Spitzenleistungen. Seit über einem Jahrhundert spielt sie eine unschätzbare Rolle bei der Entwicklung des Pferdesports weltweit.“

Eher wortkarg bleibt der FEI-Präsident, wenn es um die naheliegende Frage geht, wie viele Veranstalter sich eigentlich beworben hatten, um Teil der neuformierten Serie zu werden? Zitat Ingmar de Vos: „Wir waren erfreut über die große Zahl von Veranstaltern, die in den kommenden Jahren ein Longines League of Nations ausrichten wollen. Ich glaube, wir haben eine schwierige, aber faire Wahl getroffen, bei der wir ein gutes Gleichgewicht zwischen Kontinuität und Entwicklung gefunden haben. Diese neue und aufregende Serie gibt uns die Möglichkeit, das Beste des Mannschaftspferdesports einem großen Publikum in wichtigen Gebieten zu zeigen. Wir freuen uns auf eine enge Zusammenarbeit mit diesen Veranstaltern, um das Erbe des Nationenpreises fortzuführen und künftige Generationen von Pferdesportlern zu inspirieren.“

Fakt ist: Vom „Logines FEI Jumping Nations Cup“ mit seinen sechs Stationen bleiben im olympischen Jahr 2024 lediglich noch vier: Abu Dhabi, Ocala, St. Gallen und Rotterdam. Das Finale, stets im September ausgeritten, bleibt in Barcelona. Wegen des engen Terminkalenders mit den Olympischen Spielen in Paris (26. Juli bis 11. August) kommt erst 2025 noch ein weiterer Austragungsort hinzu. Welcher das sein wird, bleibt vorerst geheim.

Nochmal Ingmar de Vos: „Aufgrund der Vielzahl der eingegangenen Bewerbungen, die das Interesse an der neuen Serie verdeutlichen, mussten schwierige Entscheidungen getroffen werden. Wir wussten von Anfang an, dass wir nicht alle Organisatoren unterbringen können, die in der Vergangenheit einen enormen Beitrag zur FEI-Nationscupserie geleistet haben. Wir werden ihnen immer dankbar sein und wünschen ihnen viel Erfolg für die Zukunft.“

Es wird, da bin ich mir ziemlich sicher, nicht allzu lange dauern, bis sich die kritischen und enttäuschten Stimmen aus Sopot, Falsterbo, Hickstead und Dublin melden; letztere sind übrigens kommende Woche vom 9. bis 13. August an der Reihe. Werden, so frage ich mich, diese Verlierer auch in Zukunft Nationenpreise ausrichten, womöglich weiterhin finanziell unterstützt von Longines? Oder zieht sich der weltgrößte Reitsportsponsor von dort zurück? Ist es wirklich schlau, die neuformierte Serie nach Ocala in Florida zu vergeben sowie nach Abu Dhabi? Europäische Teams werden wohl kaum für einen Nationenpreis nach Florida fliegen. Die US-Profis wohl kaum nach Abu Dhabi. Europa bleibt nun mal der Dreh- und Angelpunkt für den internationalen Springsport.

Schließlich noch dies: Das Format der Nationenpreise innerhalb der Serie sieht künftig so aus: Zwei Umläufe wie gehabt, der erste mit zehn Teams zu jeweils vier Reitern mit Streichresultat. Die zweite Runde nurmehr für acht Equipen in umgekehrter Reihenfolge zu jeweils nur noch drei Aktiven; kein Streichresultat mehr. Unterm Strich zählen selbstverständlich beide Umläufe.

Vergessen wir nicht: Bundestrainer Otto Becker hat sich zu einem frühen Zeitpunkt kritisch geäußert. Er hält das traditionelle Format der Nationenpreise für bewährt und richtig. Den Wegfall des Streichresultats – vor allem auch bei den Olympischen Spielen – hält er zurecht für einen Fehler.

Da fällt mir gerade noch ein: Die Serie der EEF-Nationenpreise, also der zweiten Division, werden durch die Änderungen bei der Division eins wohl aufgewertet. Also wär’s möglich, dass sich diese Serie ausweitet. Allerdings ist auch dort Longines der Hauptsponsor. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Könnte es vielleicht sein, dass Rolex seinen Grand Slam von vier auf fünf Turniere aufstockt? Und wie reagiert Jan Tops mit seiner auf Expansion ausgelegten Global Champions Tour?

Ach, übrigens: Denkt eigentlich auch mal jemand an unsere Pferde?