Wenn ich an das Pferdeland Schleswig-Holstein denke, dann erinnere ich mich gerne an 1963: Damals schenkt mir eine wohlhabende Patentante einen Reitkurs an der Reit- und Fahrschule in Elmshorn. Kurt Jarasinski war der Star beim Reitturnier auf der riesengroßen Anlage. Fritz Thiedemann kam zu Fuß, hatte seine Weltkarriere bereits 1961 beendet. Mittlerweile ist das Hallenturnier von Neumünster die Nummer eins im Norden zwischen den Meeren. Heuer schreiben sie dort das 73. Turnier! Es geht um die neunte von elf Stationen im Dressur-Weltcup sowie um den Titel „Rider of the Year“ im Finale der Riderstour. Die Dotierung alles in allem beträgt 300 000 Euro.
Einige Details aus der langjährigen Geschichte dieses Turniers in der Holstenhalle. Seit 1987, so lese ich da, gibt’s die Kür, seit 37 Jahren ist sie Teil des Weltcups. 1987 siegte George Theodorescu auf Sunny Boy, einem Fuchs, wenn ich mich recht entsinne. Tochter Monica siegte 1993 auf Ganimedes, einem hochbeinigen, eleganten Rappen, und 2003 auf der Trakehner Stute Fleur.
Allerdings – zwei Montag vor dem Weltcupfinale in Riad geht’s an diesem Wochenende in Neumünster natürlich nicht um Tradition und Historie, sondern die Tickets zu diesem mit 400 000 Euro dotierten Finale im Nahen Osten. Beim Blick auf die aktuelle Punkteliste und auf die aktuelle Startliste für den Grand Prix (morgen ab 9 Uhr) und die Kür (am Sonntag ab 10 Uhr) erkennt man, dass es heuer keine großen Veränderungen mehr geben wird: Isabell Werth, Matthias Rath und Raphael Netz bilden das deutsche Trio fürs Finale.
Vermutlich sehen wir in Neumünster einen Zweikampf zwischen Matthias Rath mit Destacado und Patrick Kittel auf Bonamour. Letzterer führt mit 70 Zählern die Punkteliste an, Matthias Rath belegt mit 54 Punkten Rang sechs. Isabell Werth und Raphael Netz starten nicht im Norden. Jessica von Bredow-Werndl, die Titelverteidigerin, verzichtet im Hinblick auf Paris darauf, nach Riad zu fliegen. Spannender als die Kür am Sonntag in Neumünster werden womöglich die beiden noch ausstehenden Qualifikationen in Göteborg (22. bis 25. Februar) und in Herzogenbosch (7. bis 10. März), weil sie die letzten Chancen auf Punkte bieten. Göteborg ist allerdings bis dato nur sehr schwach besetzt. Die Dotierung in Neumünster ist gleich wie bei den meisten anderen Weltcups: 15 000 Euro für den Grand Prix, 50 000 Euro für die Kür.
Zum Springen. Auch an die Anfänge der Riderstour, die in Neumünster ihr 22. Finale erlebt, erinnere ich mich gut. Damals taten sich Paul Schockemöhle und Hans Werner Aufrecht mit einem tollen Konzept und viel Unterstützung von Reitern und Medien zusammen, um den internationalen Springsport so zu puschen, dass er irgendwann einmal der Formel 1 gleichkommt. Leider währte die Zusammenarbeit dieser beiden „Alphatiere“ nicht allzu lange. Aufrecht stieg aus, Schockemöhle führte die Tour noch einige Jahre weiter.
Längst hat man den internationalen Anspruch aufgegeben, ist nur noch eine nationale Serie. Angesichts der Millionensummen, etwa bei der Global Champions Tour, dem Weltcup und der neuen „League of Nations“, wirkt die Dotierung von 56 800 Euro im Großen Preis von Neumünster am Sonntag mehr als bescheiden. Die Reiter aus dem Norden dominieren. Solange sich ein Sponsor findet, bleibt die Riderstour auf der Tagesordnung.