Alle vernünftig denkenden Menschen sind tief erschüttert. Russland führt Krieg gegen die Ukraine. Es gibt Tote und Verwundete auf beiden Seiten. Wie lange die Ukraine der russischen Übermacht standhalten kann, ist völlig ungewiß. Sicher ist hingegen, dass sich dieser Krieg auch auswirkt auf den  internationalen Sport. Was den Sport mit den Pferden angeht, so sehen wir – Stand heute – erste deutliche Schritte gegen Russland und Weißrussland. Weitere müssen folgen. 

Der Weltverband (FEI) ist der Aufforderung des IOC gefolgt und hat alle internationalen Turniere, die in Russland und in Weißrussland geplant waren, ab sofort verboten. Das Exekutivkomitee der FEI hat den FEI-Vorstand aufgefordert, „die Teilnahme aller russischen und weißrussischen Aktiven und Offiziellen zu verbieten“. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) hat diese Beschlüsse begrüßt und teilte gestern in Warendorf mit, man werde „selbst keine Gastlizenzen mehr für Reiter aus Russland und Belarus ausstellen. Die FN, so heißt es weiter, würde auch den Ausschluss von Russland und Belarus aus der FEI unterstützen.

Zugleich hat die FEI in Lausanne mitgeteilt, dass sie einen „Solidaritätsfonds“ über eine Million Schweizer Franken für den ukrainischen Reiterverband eingerichtet habe. Das Geld, rund 970 000 Euros, sei gedacht als Unterstützung in diesen schwierigen Zeiten. Auch die Europäische Reiterliche Vereinigung (EEF) hat ihre Unterstützung zugesagt. Nach Angaben der Ukrainischen FN stehen in der Ukraine gegenwärtig mehr als 100 000 Pferde, viele davon im Kriegsgebiet; die Möglichkeit, mit den Pferden aus dem Land zu flüchten, bestehe nicht. Man arbeite daran, ein Spendenkonto einzurichten.

Nähere Informationen soll es geben unter www.helpukrainehorses.eu, unter www.euroequestrian.eu sowie unter www.equiwent.eu

Was mir bei all dem dieser Tage durch den Kopf geht: Wer wie ich über siebzig ist, der erinnert sich gut an seine eigene Kindheit in den vom Zweiten Weltkrieg zerstörten Städten. In meinem Fall war das meine Heimatstadt Stuttgart. Wir Kinder spielten in den Ruinen, was durchaus gefährlich war, aber zugleich ein Abenteuer. Was wirklich geschehen war, haben wir erst später begriffen. Es hat meine Generation geprägt – bis heute. Dass wir nach mehr als siebzig Jahren in Frieden einen solchen Krieg erleben – wer hätte das für möglich gehalten?!

Ich denke, der Sport im allgemeinen, die Reiterei im besonderen müssen in diesen Zeiten des Krieges klare Zeichen setzen und Hilfe leisten. Mit hat beispielsweise gut gefallen, dass Robert Lewandowski, der polnische Torjäger des FC Bayern, am vergangenen Wochenende eine Armbinde getragen hat in den blau-gelben Landesfarben der Ukraine. Das könnten auch die Reiter tun auf den nationalen und den internationalen Turnieren! Wer noch immer glaubt, der Sport sei nicht politisch, ja er müsse unter allen Umständen aus der Politik herausgehalten werden – spätestens in diesen Tagen des schändlichen Überfalls auf die Ukraine wird für jede und jeden klar und deutlich, dass sich der Sport eben nicht heraushalten kann aus dem historischen Geschehen.