Auf dem Dressurviereck in der Hanns-Martin-Schleyerhalle geht morgen eine Ära zu Ende. Beim Finale um den German Master wirkt Gotthilf Riexinger als Chefrichter bei C zum letzten Male auf einem internationalen Turnier in Deutschland mit. Der 76-Jährige erklärt mir zur Begründung: „Ich mache aus eigenem Antrieb und eigener Vernunft Schluss mit der Richterei! Ich höre auf, bevor ich die Altersgrenze erreiche und dann gezwungen werde, aufzuhören. Nur als Technischer Delegierter der FEI mache ich noch weiter. Mein allerletztes Turnier als Dressurrichter hab‘ ich demnächst in Sao Paulo.“

Dass Gotthilf Riexinger gerade bei „seinem“ Turnier in Stuttgart seine Arbeit als Richter beendet, hat für mich einen besonderen Klang: Von den Anfängen Mitte der achtziger Jahre bis 2016 hat der Landwirtssohn aus Holzgerlingen die German Masters geprägt wie kein anderer. Noch immer trägt das 37. Turnier seine Handschrift, denn das von ihm in den Achtzigern entwickelte Konzept trägt bis heute, ist zwar weiterentwickelt, aber nur in geringem Umfang.

Kein Zweifel, der rastlose Perfektionist hat nicht nur das German Masters geprägt: Er war unter anderem Landesjugendwart, Chef der Landeskommission, Turnierschef von 1987 bis 2003 in Donaueschingen, daneben auch in Affalterbach und Offenburg. Er war Mitglied im deutschen Dressurausschuss und im FEI-Dressurkomitee. Als Richter erlebte er den Höhepunkt seiner internationalen Laufbahn bei den olympischen Reiterspielen 2008 in Hongkong. Die Richterei hat ihn um die ganze Welt geführt: von Südafrika bis Australien, von Skandinavien bis Moskau und natürlich kreuz und quer durch Deutschland und Europa. (Sein heimisches Dressurturnier in Reutlingen machen er und seine Frau Susanne übrigens weiter.)

Was tun mit der gewonnenen Freizeit? Gotthilf Riexinger wird’s nicht langweilig werden. Reiten und Reisen steht für ihn und seine Frau auf dem Programm. Dazu die Freundschaften pflegen und, wenn’s gefragt ist, als Ratgeber hinter den Kulissen fungieren. Auch in der Schleyerhalle schätzt man die Expertise und die Erfahrung von Gotthilf Riexinger nach wie vor. 2016 hat man ihn in Stuttgart nicht gerade nobel und fair verabschiedet. Aber unser Freund Gotthilf ist ein Profi und ein Pragmatiker. Sein Wahlspruch könnte lauten: Ja nicht das Heft des Handelns aus der Hand geben!

Und bevor sich dieser Text anhört wie ein Nachruf, setze ich den Schlusspunkt und sage: Hallo Gotthilf, bleib‘ wie du bist. In alter Freundschaft! Dein tom!