Liebe Leserin, liebe Leser, heute zeigt sich einmal mehr, dass es mitunter höchst sinnvoll sein kann, mal wieder Zeitung zu lesen – ja, die gute alte Printausgabe, etwa die FAZ, die Süddeutsche und, nicht zuletzt, die Neue Zürcher Zeitung. Auf diese Weise erfährt man nämlich Neuigkeiten, die uns als neugierige Pferdeleute interessieren dürften, ja interessieren müssen! Die Neuigkeit, in den vergangenen Wochen immer wieder aufgegriffen und vertieft, lautet auf den ersten Blick ganz simpel: Der Schweizer Uhrenkonzern Rolex kauft den weltweit agierenden Schweizer Uhrenhändler Bucherer. Die Schweizer Swatch Group als Hauptkonkurrent mit ihrer Uhrenmarke Longines könnte unter ökonomischen Druck geraten. Ohne die Sponsoren Rolex und Longines ist der internationale Springsport nicht zu denken.

Die weltweite Wirtschaftsgeschichte ist voller Zufälle, voller schier unglaublicher Episoden und Anekdoten, voller spannender Ereignisse. Eine davon dreht sich um den 1881 im bayerischen Kulmbach geborenen Hans Wilsdorf. Der gründete 1905, damals erst 24 Jahre alt, in London seine Firma Rolex, die Uhren herstellte und mit ihnen handelte. Heute hat Rolex rund 9000 Mitarbeiter und einen jährlichen Umsatz von acht Milliarden Franken. Hans Wilsdorf starb 1960 in Genf.

Seit den zwanziger Jahren waren Wilsdorf und Bucherer persönlich befreundet und geschäftlich eng verbunden. Heute hat die in Zürich ansässige Handelsgesellschaft 2400 Mitarbeiter, betreibt weltweit einhundert exklusive Geschäfte an markanten Orten, Jahresumsatz zwei Milliarden Franken. Jörg Bucherer, 87 Jahre alt, führt das Unternehmen seit 1976.

Nun aber, so heißt es in den Berichten der renommierten Blätter sowie in diversen Foren im Internet,  wird Bucherer von Rolex übernommen. Um wieviel Geld es bei diesem Deal geht, steht nirgends. Aber hunderte von Millionen, womöglich auch einige Milliarden, gerechnet über Jahre, dürften es wohl sein.

An dieser Stelle bringen die Analysten den 1928 geborenen und 2010 gestorbenen Nicolas Hayek ins Spiel. Der Schweizer galt schon zu Lebzeiten als ein Technikgenie und als begnadeter Kaufmann. Die von ihm begründete Swatch Group, entstanden seit den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, fungiert als Holding von 37 Tochterunternehmen in 50 Ländern der Welt mit 36 000 Mitarbeitern. Unter anderem, man lese und staune, gehören folgende Uhrenmarken zur Swatch Group: Breguet, Blancpain, Glashütte Original, Omega, Rado, Tissot, Balmain, Certina, Swatch und nicht zuletzt Longines!

Wer sich für den internationalen Springsport interessiert, der weiß natürlich längst, was es mit dem Rolex Grand Slam so auf sich hat. Und dasselbe gilt für die Longines Global Champions Tour, für den von Longines gesponserten Weltcup, den Nationscup, für mancherlei Sponsorschaft bei den großen Championaten. Auf für Dressur und Vielseitigkeit gibt Longines Gelder. Die Globaltour ist mit mehr als 35 Millionen Euro pro Saison dotiert. Auch das finanzielle Engagement von Rolex geht in die Millionen; eine präzise Zahl gibt es dazu meines Wissens nicht.

Soviel scheint mir sicher: Die Konkurrenz zwischen Rolex und Bucherer einerseits, der Swatch Group und Longines andererseits, wird sich verschärfen. Das ist jedenfalls der Tenor der Berichterstattung. Offen bleibt, wer über die kommenden Jahre die Oberhand behält. Dem Pferdesport bleibt dabei nichts anderes übrig, als die Entwicklung aufmerksam zu verfolgen und zu beobachten. Sorglosigkeit scheint mir dabei fehl am Platz. Denn wenn über die Jahre eine neue Generation von Manager*innen an die Macht kommt, könnten beide Seiten eines Tages durchaus auf die Idee kommen, ihre Aktivitäten als Sportsponsoren auf den kritischen Prüfstand zu stellen.

Sollte es irgendwann einmal ein böses Erwachen geben, kann niemand sagen, man habe es nicht gewusst.