Das hat es seit vielen Jahren nicht mehr gegeben: Bei der Wahl zu den Sportlern des Jahres 2022 blieben unsere Reiterinnen und Reiter unter „ferner liefen“. Rang 19 unter den Mannschaften für die WM-Equipe der Buschreiter war die einzige Position unter den führenden zwanzig. Es kann also nur besser werden. Hoffen wir auf das vorolympische Jahr 2023.

Die Sprinterin Gina Lückenkemper, der Zehnkämpfer Niklas Kaul und die Profikicker von Eintracht Frankfurt – das sind die neuen Sportler des Jahres, gekürt und gewählt von Deutschlands Sportjournalisten. (Ich selbst wäre wohl stimmberechtigt, mache davon aber keinen Gebrauch. Es würde unseren Reitern sowieso nichts helfen.) Bei der Wahl von Eintracht Frankfurt ging’s übrigens nicht um die rein sportlichen Erfolge auf dem Fußballplatz, sondern um den Spirit im Verein und in der Mannschaft. Klubpräsident Peter Fischer hat, um nur ein Beispiel zu nennen, verfügt, dass Mitglieder der AfD keine Aufnahme in den Verein bekommen. Das nenne ich mutig!

Nun zu unseren Reiterinnen und Reitern, deren Erfolgsbilanz 2022, alles in allem, recht bescheiden ausfiel. Bei der WM in Pratoni del Vivaro gab’s Teamgold, das sich sehen lassen kann. Ein Einstand nach Maß für Peter Thomsen, den neuen Bundestrainer. Er relativiert diesen Erfolg in einem Interview zum Jahresende: „Es ist schwer, ganz nach oben zu kommen – noch schwerer ist es, ganz oben zu bleiben.“ Das stimmt. Einmal mehr geglänzt hat Julia Krajewski als neue Vizeweltmeisterin. Trotzdem sucht man auch sie unter den besten zwanzig Spitzenathletinnen vergebens. Na ja, heutzutage zählen halt nur die Titel, sonst nichts.

Bei den Weltmeisterschaften in Herning gab’s in Otto Beckers Team Licht und Schatten, aber leider keine Kontinutät und das Pech von Andre Thieme. Immerhin Platz fünf als Minimalziel und die Qualifikation für die Spiele von Paris 2024. Marcus Ehning wurde bekanntlich bester Deutscher mit seinem Stargold – nicht weit entfernt von den Medaillen. In der Dressur wussten wir vorher, dass es höchst wahrscheinlich zu Gold nicht reichen würde, weil Jessica von Bredow-Werndl und ihre Dalera fehlten.

Den Grund dafür finde ich übrigens sehr positiv. Es gibt tatsächlich weitaus wichtigere Ereignisse als den Wettkampfsport: die Geburt eines Kindes beispielsweise. Allerdings wär’s schön gewesen, wenn es zur Silbermedaille gereicht hätte. Die zu Greifen nahen Einzelmedaillen wurden knapp verfehlt. Schade drum. Benjamin Werndl und sein Famoso hätten Bronze verdient gehabt.

Sagen wir es offen und ehrlich: Die Leistungsbilanz in den drei olympischen Disziplinen ist ausbaufähig. Aber es ist aus meiner Sicht noch etwas, worüber die deutsche Reiterei selbstkritisch nachdenken muss: Das Image in der Öffentlichkeit hat schwer gelitten! Wir haben in den Reihen der Sportjournalisten viel an Prestige und an Sympathie verloren.

Beispielsweise die unsäglichen Bilder vom Modernen Fünfkampf in Tokio haben sich in den Köpfen vieler Sportfreunde festgesetzt. Der bis heute immer noch nicht abgeschlossene Fall Ludger Beerbaum schadet dem Ansehen unseres Sports; weshalb man bei der FN nicht „zu Potte kommt“, nachdem die Staatsanwaltschaft Münster die Ermittlungen eingestellt hat – mir ist das schleierhaft. Es gibt noch weit mehr selbstkritisch zu bedenken – darüber mehr während der Tage zwischen den Jahren.

Allseits frohe Weihnachten und ein gesundes Neues Jahr.